Kritik zu Liebe bringt alles ins Rollen
In seinen Bühnenshows und Filmauftritten wie in der in Frankreich enorm erfolgreichen »Camping«-Serie hat Franck Dubosc die Figur des in die Jahre gekommenen Verführers perfektioniert. In seinem Regiedebüt variiert er sie nun mit unverhofften Widerhaken
Es genügt nicht, wenn in einer romantischen Komödie allein die Liebe auf den Prüfstand kommt. Auch der Charakter der Liebenden muss sich einer Bewährungsprobe unterziehen. Am Ende hat Jocelyn eigentlich hinreichend Reue demonstriert, um den Konventionen des Genres Genüge zu tun. Er ist Florence hinterhergereist, hat sie in aller Öffentlichkeit um Verzeihung gebeten. Er hat es sogar ohne Aussicht auf Versöhnung getan.
Aber der Film gewährt Jocelyn (Franck Dubosc) noch eine weitere Chance, sich in den Augen der Zuschauer zu rehabilitieren. Eines morgens hält ihm seine Sekretärin Marie (Elsa Zylberstein) eine verzweifelte Standpauke. Seit Jahren hat er ihre Verliebtheit geflissentlich ignoriert. Nun macht sie ihrer Kränkung Luft: Nie sei ihm aufgefallen, dass sie jeden Tag anders gekleidet ins Büro kam und außerdem sei heute ihr Geburtstag, was er stets vergaß. Ihr Chef hört geduldig zu und hält sie zurück, als sie gehen will. Er hat ein Geschenk für sie, einen Pullover in einer Farbe, die sie zuvor noch nicht getragen hat. Dubosc spielt diesen Moment, in dem seine Figur Buße tut für die Sünde der Achtlosigkeit, nicht gönnerhaft, sondern fast ein wenig verschämt. Auch als Regisseur beweist er nun ein Taktgefühl, zu dem er im Verlauf des Films erst finden musste.
Anderthalb Stunden zuvor haben wir Jocelyn noch ganz anders kennengelernt: als eitlen Schürzenjäger und aggressiven Chef eines Konzerns, der Sportschuhe herstellt. Er läuft dem Älterwerden und vor sich selbst davon. Eingangs ergreift er die Gelegenheit, ein Missverständnis erotisch zu nutzen: Er sitzt im Rollstuhl seiner gerade verstorbenen Mutter, als deren schöne Nachbarin Julie erscheint, die sich als hingebungsvolle Pflegerin entpuppt. Sein Jagdinstinkt ist geweckt. Aber dann stellt sie ihm ihre Schwester Florence (Alexandra Lamy) vor, die querschnittsgelähmt und Single ist. Die selbstbewusste junge Frau, die Tennis und Violine spielt, imponiert ihm. Gegen den dringenden Rat seines besten Freundes Max (Gérard Damon) spielt er die frivole Komödie weiter, denn aus dem bewundernden Blick auf Florence wird zu seiner eigenen Überraschung allmählich ein begehrender.
In der Personalunion von Autor, Regisseur und Darsteller arbeitet Dubosc fortan hart an der Läuterung des Lebemannes, der Respekt vor anderen erlernen muss. Das gelingt ihm nicht in jeder Funktion gleich gut. Sein Drehbuch spult die erwarteten Komplikationen eher mechanisch ab; die Chance, den Oberflächenreizen eine Ebene des Zweifels einzubeziehen, schlägt die Inszenierung aus. Als Schauspieler immerhin befolgt Dubosc die alte Blake-Edwards-Regel, dass Slapstick von der Tücke des Subjekts handeln sollte. Der blendend aussehende Komödiant, aus dessen Zügen sich ein Rest des Lausbübischen nicht tilgen lässt, ringt leidlich überzeugend mit Jocelyns Angst vor der Hinfälligkeit. Er entlarvt dessen Lebenslügen mit so pflichtschuldigem Elan, dass den anderen Figuren wenig Spielraum bleibt. Aber sie müssen sich auch gar nicht ändern, denn sie sind ihm an Einsicht eh weit voraus.
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