Kritik zu Operation Duval – Das Geheimprotokoll
Frei nach Kafka: François Cluzet spielt einen Mann, der zwischen die Fronten eines Geheimdienstes und einer weiteren, noch geheimeren Organisation gerät
Duval ist das Muster eines zuverlässigen Angestellten: Während seine Kollegen schon Sekt trinken, sitzt er vor seinem Computer und arbeitet. Auch als ihn sein Vorgesetzter daran erinnert, dass er ein bestimmtes Dossier am nächsten Morgen auf seinem Schreibtisch benötige, sagt Duval das zu. Im Verlauf einer langen Nacht stellt er dann fest, dass eine bestimmte Akte nicht zu finden ist und generell die Ablage des Kollegen jegliche Systematik vermissen lässt. Als die morgendliche Putzkolonne kommt, ist der Boden des Großraumbüros vollkommen mit Aktenordnern bedeckt. Doch einen Filmschnitt weiter stehen sie – von Duval umsortiert und neu beschriftet – alle sorgfältig in einer Reihe.
Schon die erste Sequenz dieses Films beeindruckt durch ihre lakonische Erzählweise, Duval, der Protagonist, sagt kaum ein Wort, aber sein Gesichtsausdruck spricht Bände – lange nicht mehr hat man François Cluzet so präzise agieren sehen. Der Film zeigt ihn dann erneut zwei Jahre nach den Ereignissen des Auftakts. Inzwischen hat er seinen Job wegen eines Burnouts verloren und ist seit einem Jahr ein trockener Alkoholiker. Bei einem Begräbnis begegnet er einem alten Bekannten, kurz darauf klingelt das Telefon, er wird für den nächsten Morgen, einen Samstag, zum Vorstellungsgespräch in ein Büro gebeten, das sich im Verteidigungsministerium befindet. Er soll Tonbänder mit Telefonmitschnitten abschreiben, aus Sicherheitsgründen mit einer Schreibmaschine in einer leer stehenden Wohnung, zu genau festgelegten Arbeitszeiten. Und natürlich gelte höchste Verschwiegenheitspflicht, erklärt ihm der etwas sinistre Monsieur Clément.
Anfangs enthalten die Tonbänder eher Privates, doch dann geht es um eine verzögerte Geiselbefreiung, um Mord oder Selbstmord. Duval selbst wird in dunkle Machenschaften hineingezogen und später mit Beweisen für seine Teilnahme konfrontiert. Schließlich bekommt er eine Kassette zur Abschrift, auf der er seine eigene Stimme hören muss, die Aufzeichnung eines Telefonats auf einer angeblich sicheren Leitung des Geheimdienstes, der ihn inzwischen in die Mangel genommen hat, weil man sich von ihm Auskunft über Clément verspricht.
Ein Mensch im Räderwerk zwischen dem Geheimdienst und einer noch geheimeren Gruppierung, den Auftraggebern von Clément, bei denen es sich offenbar um jenen rechtsgerichteten Präsidentschaftskandidaten handelt, dessen Wahlplakat mit dem Slogan »Frankreich ist wieder da« schon frühzeitig ins Bild geriet: Duval darf sich durchaus vorkommen wie Josef K. in Kafkas »Der Prozess«. Visuell unterstreicht der Film das durch den Verzicht auf Farben. Wohnungen und Büros sind in Grau- oder Beigetönen gehalten, oft zusätzlich verdunkelt, von Duvals Apartment sieht man – in zwei ständig wiederkehrenden Einstellungen – lange Zeit nur den Küchentisch, an dem er sitzt, um das tausendteilige Puzzle eines Rembrandt-Gemäldes zusammenzusetzen. Es bedarf keines spektakulären Finales, um pessimistisch in die Zukunft zu blicken.
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