Kritik zu Brautalarm

© Universal Pictures

Noch eine Komödie über das amerikanische Hochzeitswesen – muss das sein? Es muss, schon um zu beweisen, dass das Genre so unterhaltsam sein kann wie in dieser Erfolgskomödie, die aus Hauptdarstellerin Kristen Wiig einen Shooting Star machte

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Sie ist die beste Freundin der Braut, doch Annie (Kristen Wiig), mit vier weiteren Frauen als Brautjungfer auserkoren, hinterlässt bei den Vorfeiern vor dem eigentlichen Hochzeitsevent eine Schneise der Verwüstung. Männer spielen dabei eine marginale Rolle, was angesichts von Regisseur Paul Feig, der aus der Talentschmiede von Produzent und Regisseur Judd Apatow kommt, verwundert. Apatow ist zur Marke für inspirierte und ausgesprochen zotige Männerkomödien wie »Jungfrau (40) männlich, sucht«, »Superbad« und »Beim ersten Mal« geworden; letztere wurde von sogar Hauptdarstellerin Katherine Heigl als sexistisch bekrittelt. »Brautalarm« könnte ein Test sein, um herauszufinden, ob die Körperflüssigkeiten-Obsession und der ungebremste Wahnwitz von Jungskomödien mit identifikatorischen Frauenthemen zusammengehen. Wenn das der Plan war, dann ist er in den USA mit bis jetzt 117 Millionen Dollar Einspielergebnis aufgegangen. Tatsächlich besitzt die Komödie Schwächen wie etwa abgehackte Szenen, die nirgends hinführen, ist aber dennoch vor allem eins: saukomisch.

»Saturday Night Live«-Ensemblemitglied Kirsten Wiig war bereits der heimliche Star in »Paul – ein Alien auf der Flucht« und gibt jetzt den weiblichen Loser. Annie ist ein erwachsenes Schreikind, dessen Frust sich in Selbstmitleid und aggressivem Beleidigtsein austobt. Sowohl finanziell, nach der Pleite ihrer Bäckerei, als auch privat, als Single, befindet sie sich im absoluten Tief. Es hilft nicht, dass ihr Kummerkasten, Freundin Lilian (Maya Rudolph), heiraten will. Als mit der perfekten Helen (Rose Byrne) eine Rivalin um Lilians Freundschaft buhlt, dreht Annie vollends durch.

Wenn Wiig, die auch das Drehbuch verfasste, zeigt, wie sich Frauen zu Närrinnen machen, definiert sie die Schmerzgrenzen für komische Frauenrollen neu. Ein Huch-Moment ist schon die Anfangssequenz, in der die gestresste Annie beim anstrengenden Sex mit ihrem Dauer-One-Night-Stand, einem selbstverliebten Porschefahrer (Jon Hamm), gezeigt wird. Es gibt eine Reihe hübscher Running Gags, doch vor allem als verbale Zicke läuft Annie etwa im Flieger zum Mädelsausflug nach Las Vegas zu großer Form auf.

Außerdem übt sich das Brautjungfernkränzchen in jenem »dirty talk«, der von den »Sex and the City«-Grazien hoffähig gemacht wurde, stürzt sich aber auch in die Abgründe der aus Jungskomödien gewohnten Ekelkomik. Allerdings ist die Fallhöhe weit größer, wenn das Malheur statt in geplanten Entgleisungen bei Saufrunden in der Umkleide einer Haute- Couture-Brautmodenboutique passiert. Schön ist dabei, dass die Frauen trotz des Klamauks nicht bösartig denunziert werden und Klischees transzendieren. So erweist sich die vierschrötige Megan (Melissa McCarthy), anfangs eine Kopie des halbdebilen Hangover-Freaks Zach Galifianakis, als Powerfrau. Und die gut ausgehaltene Zweitehefrau Helen, zunächst Abbild eines »Stepford Wives«-Automaten, leidet insgeheim darunter, immer alles ganz arg richtig machen zu wollen. Direkt emanzipatorisch ist diese Nummernrevue zwar nicht, aber das Lachen über die tödliche Triade aus Masochismus, Selbstmitleid und Herumzicken erfüllt seinen Zweck.

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