Forum: Interview zu »Offene Wunde deutscher Film«

Dominik Graf, Johannes F. Sievert

Mit »Offene Wunde deutscher Film« setzen Dominik Graf und Johannes F. Siebert ihre Erkundung zum deutschen Genrefilm fort. Ein Gespräch mit Johannes F. Sievert.

Nein, den Film könne man nicht vorher sehen, hieß es im »Forums«-Büro, der würde erst wieder so knapp fertig wie der Vorgänger im vergangenen Jahr, »Verfluchte Liebe Deutscher Film«. Und Textmaterial gäbe es auch keins. Das erhöht die Spannung, aber auch die Vorfreude. Tatsächlich wurde der Film erst am Wochenende vor der heutigen Premiere fertiggestellt, betätigt Johannes F.Sievert, der ihn gemeinsam mit Dominik Graf gemacht hat.

Herr Sievert, wie kam dieses Projekt, sich mit dem vergessenen deutschen Genrefilm zu beschäftigen, ursprünglich zustande?

Dominik Graf war mein Lehrer an der Filmschule in Köln, wir haben dann zusammen ein Buch über seine Fernsehserie »Im Angesicht des Verbrechens« gemacht und dabei natürlich viel über Film geredet. So entstand die Idee, eine Dokumentation zu machen über die Filme, die in Vergessenheit geraten sind.

Der erste Teil, der vor einem Jahr seine Premiere auf der Berlinale feierte, war 90 Minuten lang, bei der kürzlichen Ausstrahlung auf arte aber nur eine knappe Stunde…

Arte wollte von vornherein nur 60 Minuten haben, der WDR aber wird diese 90-Minuten-Fassung ausstrahlen. Der zweite Teil allerdings ist zwei Stunden lang geworden, davon wird es eine 90-minütige Sendefassung für WDR und arte geben. Wir arbeiten gerade daran, das Ganze als DVD-Veröffentlichung herauszubringen. Allerdings sind die Rechte an den Filmausschnitten für eine Festivalaufführung leichter und kostengünstiger zu bekommen als dafür. Beim ersten Film haben wir für einige Clips die französischen Rechte nicht bekommen, weil die Rechteinhaber für Frankreich nicht zu ermitteln waren - die mussten wir für die arte-Austrahlung in Frankreich durch Fotos ersetzen.

Ihnen war aber von vornherein klar, dass Sie mit 60 Minuten nicht auskommen würden…

Wir hatten ursprünglich nur einen Teil geplant, aber als wir den parallel geschnitten haben, stellten wir fest, »Oh Schreck, wir haben ja schon 160 Minuten, das kriegen wir nie durch.« Dann haben wir arte und dem WDR vorgeschlagen, ob wir nicht einen zweiten Teil machen könnten. Dem haben sie glücklicherweise zugestimmt, daraufhin haben wir eine Menge neuer Interviews gedreht, so dass wir jetzt bei 120 Minuten gelandet sind. Irgendwann mussten wir aufhören, Interviews zu machen, weil es schade ist, wenn die Leute nur noch Stichwortgeber sind.

Welchen Zeitraum umfasst der zweite Film, auf welche Filme und Filmschaffenden darf man sich freuen?

Der zweite Film setzt da an, wo der erste aufhört, 1982, wir gehen jetzt bis Akiz’ »Der Nachtmahr«, mit dem haben wir auch ein Gespräch geführt, ein paar Filme aus der jüngeren Zeit (etwa »Tattoo«) haben wir assoziativ zusammengestellt. In Gestalt von Jürgen Goslar und Roger Fritz blicken wir noch einmal zurück. Wir hatten die Idee, ob das Ganze nicht eine Suche nach Heimat auch bei uns ist.

Jürgen Goslar mit seinen beiden Afrika-Filmen »Slavers« und »Der flüsternde Tod« war für mich persönlich eine Entdeckung. Eckhard Schmidt ist mit drei Filmen vertreten. »Alpha City« und »Der Fan« fand ich immer noch bemerkenswert. Wir haben sie Schauspieler Mario Adorf und Christiane Krüger, den Drehbuchautoren Günter Schütter, bei den Musikern Eberhard Schoener, Irmin Schmidt, Jürgen Knieper und Klaus Doldinger.

Die Fachleute, die zu Wort kommen, sind die selben wie im ersten Film?

Ja, zusätzlich haben wir noch Gundolf S. Freyermuth dabei, der kürzlich ein Buch über Wolfgag Menge mitherausgegeben hat: Menge war einer, der das Medium Fernsehen schnell begriffen hat.

Aber als Vorbild wurde er nicht genannt?

Nein.

Haben Sie neben Jürgen Goslar andere Leute wiederentdeckt, die man heute kaum noch kennt?

Roger Fritz hat schon lange keine Filme mehr gedreht…

Aber seine ersten beiden Langfilme liegen immerhin in schönen DVD-Editionen vor.

Carl Schenkel kommt vor, der ist wie Wolfgang Petersen nach Amerika gegangen, wollte dort aber bestimmte Sachen nicht machen. Ihm wurde zum Beispiel »Running Man« angeboten, aber da sagte er, mit Arnold Schwarzenegger wolle er keinen Film machen.

Planen Sie eventuell auch eine Buchveröffentlichung?

Es gibt durchaus Interesse, weil wir auch so viele schöne Teile aus den Interviews haben, die wir noch nicht verwendet haben. Das könnte sinnvoll sein, damit noch einmal neue Perspektiven bzw. Seitenwege zu eröffnen. Und wir überlegen auch, ob man nicht einen kleinen Kinostart machen könnte, zusammen mit einigen Filmen aus der Zeit. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Frank Tönsmann, unser Redakteur beim WDR, so etwas bei der WDR-Ausstrahlung macht, etwa Peter Bringmanns »Aufforderung zum Tanz« wieder einmal zeigt.

»Offene Wunde deutscher Film«, Deutschland 2017, 116 Minuten, Regie: Dominik Graf und Johannes F. Sievert, Premiere: Freitag, 17.2., 19 Uhr, Delphi; Wiederholung: Sonntag. 19.2., 20.30, Arsenal 1.

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