Kritik zu BFG: Big Friendly Giant

© Constantin Film

Ein kleines Mädchen und ihr riesengroßer Freund: Steven Spielberg verfilmt Roald Dahls Kinderbuchklassiker

Bewertung: 3
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Auf den ersten Blick schien es bestens zu passen, dass Steven Spielberg den Roald-Dahl-Klassiker »The BFG« auf die Kinoleinwand bringt: ein Märchen über einsame Kinder, abwesende Eltern und die Kraft der Träume. Andererseits ist Dahl auch bekannt für das Anarchische, nicht selten sogar Sardonische seiner Kindergeschichten – Qualitäten, die Spielbergs Kinderfilmen eher fremd sind.

»BFG« erzählt von einem aufgeweckten Mädchen namens Sophie (Ruby Barnhill), das in einem Londoner Waisenhaus lebt. Eines Nachts wird sie von einer riesigen Gestalt aus ihrem Bett geholt. Der »Gute Freundliche Riese« (Mark Rylance) nimmt das Kind mit in seine Welt, einen magischen, aber auch unwirtlich anmutenden Ort. Dort führt er ein einsames Leben als Außenseiter, denn die anderen Riesen verachten den BFG, weil er sich nur von stinkigen Gurken ernährt. Sie hingegen bevorzugen kleine Kinder als Leibspeise. Und bald nehmen sie auch Sophies Witterung auf.

Im Grund ist diese Geschichte bestes Spielberg-Material. Vor allem die Freundschaft zwischen der einsamen Sophie und dem ebenso einsamen Riesen weckt Erinnerungen an »E.T.« – kein Zufall, stammt das Drehbuch zu beiden doch von Melissa Mathison. Leider wirkt Spielbergs Umsetzung kaum mehr als routiniert. Ein Gefühl der Leidenschaft und der Dringlichkeit, die gerade auch seine kindlicheren Filme prägten, stellt sich kaum ein. Dies mag auch der kunterbunten Digitalästhetik geschuldet sein, die der »altmodischen« Emotionalität des Stoffs auf eigentümliche Weise im Weg steht. Die Erzählung wirkt sprunghaft und ohne echten drive, die düsteren Momente der Vorlage (etwa dass der BFG schon öfter Kinder »entführte«, die aber gefressen wurden) bleiben weitgehend ausgespart. Es lässt sich nur spekulieren, ob dies der (ersten) Zusammenarbeit Spielbergs mit Disney geschuldet ist. Dafür inszeniert er das Finale mit einem fragwürdig politisch konnotierten Militarismus – der Kontrast zur antimilitärischen Haltung in »E.T.« könnte größer nicht sein.

Ein Lichtblick sind jene Szenen, in denen Spielberg seine Meisterschaft als visueller Erzähler ausspielt, vor allem bei einem furiosen Katz-und-Maus-Spiel zwischen Sophie und den gefräßigen Riesen. Auf ein Spielberg-typisches ikonographisches Bild wartet man indes vergebens. Umso schöner, welch große Rolle die Sprache spielt. In Dahls Roman gibt es einige der originellsten Wortschöpfungen seit dem Droog-Slang in »Uhrwerk Orange«, und der große Theatermann Mark Rylance lässt die aberwitzigen Neologismen so elegant wie von William ­Shakespeare klingen. Erst gegen Ende findet dieser poetische Sprachnonsens eine visuelle Entsprechung, wenn der BFG im Palast der Queen (Penelope Wilton) für leichtes Chaos sorgt. In wenigen Momenten fängt Spielberg da Dahls lustvoll-anarchischen Humor ein, und man meint die Freude des Regisseurs an diesen Szenen zu spüren. So wird kurz vor Schluss noch einmal deutlich, dass Spielbergs »BFG« besser ist als befürchtet, aber eben längst nicht so gut, wie er sein könnte.

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