Disney+: »Paradise«

»Paradise« (Serie, 2025). © Disney

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Überraschung nach dem Twist

Spoiler sind, wenn es um Serien geht, ein großes Thema, nicht nur für Fans, sondern auch in Pressearbeit und Marketing. Wer über Serien schreibt, hat dieser Tage die unterschiedlichsten Sperrfristen und Embargos im Blick zu behalten, mitunter sogar für einzelne Folgen. Nicht selten wird Journalist*innen sogar eine Liste geschickt mit dezidierten Plot-Punkten, die es vorab nicht zu verraten gilt. Solches Gebaren wirkt nicht selten bevormundend und in der Einschätzung der vermeintlichen Überraschungen vollkommen übertrieben. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Und »Paradise« (bei Disney+) ist nun tatsächlich eine Serie, bei der schon das Wissen um das Ende von Folge 1 einen Großteil des Spaßes verderben würde.

Im Zentrum der acht Folgen umfassenden Serie steht der Secret-Service-Agent Xavier Collins (Sterling K. Brown aus »This is Us«), der seit der Wiederwahl des US-Präsidenten Cal Bradford (James Marsden) für dessen Sicherheit zuständig ist. Dass hier womöglich nicht alles so ist, wie es scheint, ahnt man früh – und das nicht nur dank der Dauerbeschallung mit ominös klingender Musik. Collins, alleinerziehender Vater von zwei Kindern, scheint nachts selten ein Auge zuzumachen, und die Art und Weise, wie er plötzlich wie gelähmt ins Leere starrt, als sein Sohn beim Frühstück ausgerechnet Roald Dahls »James und der Riesenpfirsich« aufschlägt, verspricht auch nichts Gutes.

Tatsächlich überschlagen sich bald die Ereignisse. Denn eines Morgens liegt Präsident Bradford – der, wie gleich die ersten von zahllosen Rückblenden etablieren, als reicher Erbe kein Blatt vor den Mund nimmt, gern trinkt und Syrien auf keiner Karte lokalisieren könnte – erschossen in seinem Schlafzimmer. Von dem großen Twist, der aus »Paradise« nach den ersten fünfzig Minuten etwas ganz anderes macht als bloß einen weiteren Geheimdienst-Thriller, sind wir damit aber noch lange entfernt. Und um dazu wirklich nicht zu viel preiszugeben, sei an dieser Stelle auf die offizielle Kurzzusammenfassung der Presseagentur verwiesen. Dass dort das Setting der Serie nicht als Washington D.C. beschrieben wird, sondern als »idyllische Gemeinde, die von einigen der einflussreichsten Menschen der Welt bewohnt wird«, hat jedenfalls einen Grund.

Das Ensemble dieser von Dan Fogelman verantworteten Serie lässt sich bei all dem nichts zuschulden kommen, doch der Überraschungseffekt des Auftakts verpufft schnell. Zwar ist auch danach das Bemühen groß, Twist und Cliffhanger aufzufahren, doch echte Spannung gewinnt »Paradise« selten. Vielleicht auch, weil den Showrunner das Zwischenmenschliche und Emotionale deutlich mehr zu interessieren scheint, was sich – »This is Us« lässt grüßen – nicht selten in plumper Rührseligkeit niederschlägt. Spätestens, wenn man dann realisiert, dass jede Folge sehr ausgedehnt eine andere Figur in den Fokus nimmt (darunter Julianne Nicholson als mysteriöse Strippenzieherin, Sarah Shahi as Psychologin oder Jon Beavers als Collins' Mitarbeiter), kommt man zu dem Schluss, dass das Ganze womöglich als Spielfilm doch besser funktioniert hätte.

OV-Trailer

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