Interview: Walt Dohrn über »Trolls World Tour«
Walt Dohrn im Synchronstudio. © DreamWorks Animation/Universal Pictures/Suzanne Hanover (2020)
An den beiden »Troll«-Filmen fallen auf und faszinieren die kräftigen Farben. Liegt der Ursprung dafür bei den Troll-Figuren, oder war das eine Idee, die sich bei der Vorbereitung des ersten Films ergeben hat?
Es entwickelte sich schon aus den originalen Troll-Figuren, denn deren hochstehende Haare sind in den verschiedensten leuchtenden Farben gehalten. Zum anderen sucht man natürlich auch nach Alleinstellungsmerkmalen, um sich von anderen Filmen abzuheben. Viele Filme sind eher dunkel, sowohl von der Farbpalette her als auch von der Stimmung. Deshalb entschlossen wir uns, etwas zu schaffen, bei dem der Zuschauer sich wohlfühlt. Dazu passen auch die Musik und die Gags – das alles zusammen schüttet Glückshormone aus.
Haben Sie spezielle Verfahren benützt, um die Farben so leuchtend zu machen?
Ja, das verlangte eine enge Abstimmung mit dem Team um den Art Director. Je aufregender das visuell aussah, desto inspirierter wurde das Art Department. Es besteht natürlich immer die Gefahr, dass das von der Geschichte ablenkt, aber mit dem ersten Film hatten wir die Erfahrung gemacht, dass dem Publikum diese kräftigen Farben gefielen. Also sagten wir uns jetzt: lasst uns das diesmal noch weiter entwickeln.
In manchen Momenten erinnerte mich das an psychedelische Filme vom Ende der sechziger Jahre. Wurden Sie je gefragt: welche Drogen haben Sie genommen, um diese Farben zu erschaffen?
(lacht) Das wurde ich in der Tat gefragt. Aber natürlich haben wir keine Drogen genommen. Außer jede Menge Kaffee. Aber die Verbindung zu den späten Sechzigern stimmt, ich bin in den siebziger Jahren aufgewachsen, und wir wollten die Stimmung dieser Ära einfangen, wie sie sich etwa in dem Beatles-Zeichentrickfilm »Yellow Submarine« niederschlug. Aber auch Disneys »Fantasia« war in dieser Hinsicht wichtig.
War es eine leichte Entscheidung, die Rock-Trolls zu den bad guys des Films zu machen?
Das war nicht einfach, wir erhielten viele Warnungen dazu. Wir wollten keine Art von Musik negativ besetzen, aber wir benötigten natürlich einen Antagonisten – ohne Konflikt gibt es keine Geschichte! Da es um Musik geht, waren die Rock-Trolls so etwas wie die natürlichen Antagonisten, denn ihre Musik ist aggressiv. Aber es gibt ganz unterschiedliche Figuren in diesem Stamm, das verhinderte die Eindimensionalität.
Sie haben selber eine starke Beziehung zu Musik…
Ja, das stimmt. Für mich ist Musik die elementarste Form menschlichen Ausdrucks. Man hört sie überall. Dabei kann ich mich gut entspannen, ich sehe mich allerdings eher als Hobbymusiker, auch wenn ich schon in einigen Bands gespielt habe. Bei den Dreharbeiten legten wir häufiger Jamsessions ein, ich habe diverse Instrumente zuhause und mache Musik mit meinen Kindern. Aber es bleibt ein Hobby, wenn ich das als Beruf betreiben würde, würde es an Leichtigkeit und Unbeschwertheit verlieren.
Was Sie nicht davon abgehalten hat, hier (nicht zum ersten Mal) auch einige Songtexte beigesteuert zu haben und selber zu singen…
Das stimmt.
Mussten Sie das dem Musical Supervisor erst schonend beibringen oder wusste er von Ihrem Talent?
Er hatte schon davon gehört. Zu diesem Film gehört es dazu, dass die Figuren singen, und ich spreche ja eine Reihe von Nebenfiguren.
Neben Justin Timberlake, der schon im ersten Film die männliche Hauptfigur sprach und an der Musikproduktion beteiligt war, haben Sie diesmal einige weitere prominente Musiker im Film. Inwieweit konnten die sich in ihre Rollen und musikalischen Nummern einbringen?
Film ist einfach ein Medium, bei dem es um Zusammenarbeit geht, und ich ermutige jeden, der daran beteiligt ist, sich einzubringen. Nehmen wir George Clinton, der nicht nur eine Figur sprach und ein Musikstück performte, sondern auch beratende Funktion hatte. Ich erinnerte mich an all die tollen Plattencover seiner einstigen Gruppe Parliament – genau das wollte ich im Film haben.
Die verschiedenen Troll-Stämme und ihre Welten sehen ja ganz unterschiedlich aus. Haben Sie unterschiedliche Künstler daran arbeiten lassen?
Ein Künstler hat das Gesamtkonzept skizziert, dann wurde es im Art Department durchgesprochen und ging anschließend an die Abteilung, die diese Konzepte umsetzte. Jedes Mal kamen neue Ideen und Details hinzu. Schließlich landete es bei der Beleuchtung, die noch einmal eigene Überlegungen beisteuerte.
Ich habe mich gefragt, ob ein Künstler mit einer bestimmten musikalischen Vorliebe Schwierigkeiten haben könnte, einer anderen musikalischen Vorliebe gerecht zu werden, wenn er sie umsetzen soll.
In einer perfekten Welt hätten wir einen Künstler, der aus genau dieser Kultur kommt. Diese Möglichkeit hat man aber nicht immer, allerdings gab es bei den Künstlern, die an diesem Film mitarbeiteten, schon eine große Diversität. Wir haben den Film auch verschiedenen Gruppen gezeigt und hatten mehrere Berater, darunter einen Soziologen und einen Musikwissenschaftler.
Von Pixar- und Disney-Filmen weiß man, dass die Mitarbeiter vorher einen »fieldtrip« machen, für »Coco« etwa waren sie in Mexiko und studierten dort den »Tag der Toten«. Gab es hier etwas Vergleichbares – oder haben Sie nur in sich selber hineingeschaut?
Letzteres - dies ist eine höchst bizarre Welt, die verlangte nach Introspektion und Meditation. Allerdings brachten auch viele ihre Erfahrungen, etwa aus Punk-Clubs, mit, um die Stimmung zu treffen. Zudem hat jeder seine Erfahrung mit Konzerten, das schlug sich im dritten Akt nieder. Darüber haben wir uns ein Konzert angeschaut, bei dem Gustavo Dudamel dirigierte, und auch eines mit George Clinton, als der auf einer Tournee in Los Angeles spielte.
Ihr Name taucht erstmals 1997 in dem Film »Mr. Magoo« mit Leslie Nielsen auf. Erinnern Sie Sich noch daran?
Ja, ich arbeitete damals für eine kleine Firma, das war meine erste Anstellung, direkt nach der Kunsthochschule. Wir waren verantwortlich für den animierten Vorspann dieses Live-Action-Films, das war eine Ehre für mich, weil ich mit den Mr. Magoo-Cartoons aufgewachsen war.
Danach haben Sie erst einmal beim Fernsehen gearbeitet…
Ja, für Fernsehanimationsserien, u. a »Spongebob«, wo ich die Wichtigkeit eines guten Gags erkannt habe. Meine erste Arbeit für Dreamworks war dann »Shrek 2« – beim Kino hat man einfach eine größere Palette zur Verfügung.
Zwischen den Kinofilmen haben Sie auch immer wieder für Fernsehserien gearbeitet, u.a. für »Trolls«. Was ist dabei die Herausforderung, wenn man zuvor bei einem Kinofilm diese größere Palette zur Verfügung hatte?
Das ist eine eigenständige Produktion für Netflix in den USA. Dabei geht es vor allem um Absprachen: dass keiner eine Geschichte plant, die der andere schon in Arbeit hat. Ich bin bei der Serie auch als Sprecher einer Figur involviert, so bekomme ich vieles mit.
Beim ersten »Trolls«-Film waren Sie der Co-Regisseur von Mike Mitchell, diesmal hatten Sie mit Dave Smith selber einen Co-Regisseur. Wie sieht da die Arbeitsteilung aus?
Das hängt von der Absprache ab. Wir machen eigentlich alles gemeinsam, sind also das »zweiköpfige Biest«. Dave ist ein sehr lustiger Typ, er verbringt einen Großteil seines Tages damit, Gags zu entwickeln. Der große Unterschied ist, dass ich als Hauptregisseur mehr Verantwortung habe, gerade, wenn etwas nicht funktioniert.
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