Interview mit John Krasinski über seinen Film »A Quiet Place«
John Krasinski am Set von »A Quiet Place« (2018). © Paramount Pictures
Mr. Krasinski, weder als Schauspieler noch als Regisseur hatten Sie bislang sonderlich viele Berührungspunkte mit Horror-Filmen. Wie leicht fanden Sie sich bei »A Quiet Place« in dem Genre zurecht?
Es ist nicht nur so, dass ich keine Berührungspunkte hatte. Ich hatte regelrecht Angst vor Horrorfilmen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe das Genre gemieden wo ich konnte, einfach weil ich ein Schisser bin und immer dachte, dass ich das nicht aushalte. Deswegen habe ich mich dann zur Vorbereitung auf »A Quiet Place« wochenlang einem Horror-Marathon ausgesetzt – und musste natürlich schnell feststellen, wie dumm ich war. Ich hatte mir unfassbar viele grandiose Filme vorenthalten, bloß weil ich mich gefürchtet habe. Denn tatsächlich strotzt das Genre in letzter Zeit ja nur so vor Höhepunkten, von »Get Out« über »The Babadook« bis »The VVitch«! Aber das war gar nicht Ihre Frage, oder?
Ich wollte vor allem wissen, wie Sie sich dem Genre als Regisseur angenähert haben...
Ach ja. Vermutlich hätte ich den Film nicht gedreht, hätte ich nicht vor vielen Jahren bei »The Office« einen Rat bekommen, der mich seither begleitet wie kein anderer. Greg Daniels, der Schöpfer der Serie, sagte damals zu mir: »Dein Job ist es nicht, diese Sätze witzig zu machen. Dein Job ist es lediglich, sie zu auszusprechen. Ob die Leute dann darüber lachen, ist ihre Sache, nicht deine.« Klingt banal, ist aber eine Erkenntnis, die meine Karriere nachhaltig geprägt hat. Im Fall von »A Quiet Place« heißt das: ich habe eigentlich keine Ahnung davon, wie man auf der Leinwand Spannung erzeugt. Aber ich weiß, was es heißt, eine Familie zu haben und nichts mehr zu fürchten als dass ihr etwas passiert. Das war für mich der Schlüssel zu dieser Inszenierung. Und die besagte Recherche half dann natürlich auch.
Worum geht es für Sie also in »A Quiet Place«, jenseits vom Überlebenskampf und den Monstern?
Je weiter ich am Drehbuch von Bryan Woods und Scott Beck feilte, desto mehr konzentrierte ich mich auf diese vier Familienmitglieder und ihr Verhältnis zueinander. Im Grunde handelt der Film für mich davon, wie vollkommen unterschiedlich alle vier mit Trauma umgehen. Sie machen da sehr unterschiedliche Entwicklungen durch, sind aber natürlich durch die äußeren Umstände enger aneinander gefesselt als andere Familien. Ein Entkommen ist unmöglich. Und nicht nur das: ausgerechnet die Familie, die nichts dringender machen müsste als miteinander zu sprechen, darf nicht sprechen. Das fand ich schon sehr reizvoll als Szenario.
Wussten Sie von Anfang an, dass Sie auch selbst die männliche Hauptrolle übernehmen würden?
Anders als bei meinen ersten beiden Filmen, wo ich jeweils lange überlegt habe und lange fand, dass ich mich vielleicht aufs Inszenieren beschränken sollte, wusste ich bei »A Quiet Place« gleich, dass diese Rolle meine ist. Einfach weil ich einen enormen emotionalen Bezug zu diesem Familienvater verspürte. Wir hatten gerade unsere zweite Tochter bekommen, und selbst wenn man die Erfahrung zum zweiten Mal macht, ist man in den ersten Monaten nach der Geburt ja wirklich ein Nervenbündel. Dieses überwältigende Gefühl der Verantwortung, dieses kleine Wesen am Leben zu halten und zu beschützten, prädestinierte mich für diese Rolle wie ich es noch kaum je erlebt habe.
Dass Ihre Ehefrau Emily Blunt dann auch Ihre Film-Ehefrau spielt, macht da natürlich doppelt Sinn!
Ganz genau. Allerdings habe ich ihr die Rolle erst einmal gar nicht angeboten. Einfach weil ich nicht wollte, dass sie sie bloß mir zum Gefallen annimmt. Ich habe gewartet, bis sie von sich aus Interesse daran bekundet (lacht). Wir haben dann wochenlang das Drehbuch durchgearbeitet. Ich wollte vollkommene Ehrlichkeit ihrerseits, wenn sie irgendeinen Aspekt unglaubwürdig oder einfach nicht gut fand. Aber ich wollte all das eben im Vorfeld geklärt haben, damit wir nicht am Set vor dem gesamten Team in eheliche Diskussionen geraten. Gleichzeitig bat sie mich darum, nie eine Szene für fertig zu halten, nur weil ich weiß dass sie eine gute Schauspielerin. Solange ich das Gefühl hatte, man könne noch etwas verändern, sollte ich das auch sagen. Lange Rede, kurzer Sinn: wir haben wirklich toll zusammengearbeitet. Wobei vielleicht auch geholfen hat, dass wir abends nach Drehschluss zuhause immer erst einmal einen Whiskey zum Runterkommen tranken (lacht).
Der Film hat keine 20 Millionen gekostet, und insgesamt scheinen niedrige Budgets jenseits der großen Blockbuster-Produktionen inzwischen in Hollywood eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Wie frustrierend ist das als Filmemacher?
Einerseits natürlich sehr. Es gab wirklich mehr als einmal die Situation, dass ich geflucht habe über das wenige Geld, dass uns zur Verfügung stand. Denn mitunter war es angesichts von Geld- und Zeitknappheit wirklich verdammt stressig. Andererseits weiß ich von Freunden, die Produktionen mit Budgets von 150 Millionen Dollar inszeniert haben, dass man immer denkt, man könnte mehr Geld gebrauchen. Und gleichzeitig muss ich sagen, dass ein niedriges Budget am Ende meist auch etwas Gutes hat. Zumindest habe ich das Gefühl gehabt, dass wir dadurch bei »A Quiet Place« noch ein wenig innovativer bei der Lösung von Problemen waren. Außerdem gibt’s wirklich kein Rumsitzen und Däumchendrehen, wenn man aufs Geld achten muss. Weil jeder weiß, wie eng es wird, geben alle wirklich immerzu ihr Bestes. Zumindest war das in diesem Fall meine Erfahrung.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns