Kritik zu Willkommen im Süden
Der Süden Italiens ist der Norden Frankreichs und umgekehrt: Luca Miniero hat Dany Boons Komödienhit »Willkommen bei den Sch'tis« ins Italienische übersetzt – fast Szene für Szene
Fish-out-of-Water nennt der Fachjargon die Filme, in denen Großstädter in die Prärie oder Marsleute nach Manhattan verschlagen werden. Für die Komödie ist das Metier wegen des Spiels mit Klischees perfekt geeignet. Beispiele sind »Crocodile Dundee« oder »Willkommen bei den Sch'tis«. »Willkommen im Süden« ist nun das italienische Remake des Letzteren. Wer Italien kennt, wird nicht erstaunt sein, dass hier die Himmelsrichtungen vertauscht sind. Die italienischen Sch'tis leben im Mezzogiorno – und so beginnt die Reise in einer blank geputzten Vorstadthäuschensiedlung im Norden, wo das planstellenmäßige Begehren des Postbeamten Alberto Colombo und seiner Gattin gen Mailand gerichtet ist. Dank eines peinlichen Versehens beim Vortäuschen eines Behindertenstatus folgt auch hier die Strafversetzung – nach Castellate bei Neapel.
Für die Fahrt dorthin zieht sich der Strafversetzte schon einmal die schusssichere Weste über. Denn statt Kälte und Bouillabaisse-Entzug wie im Original drohen in Kampanien Drogenhandel, Schmutz, Faulheit und Camorra. So versucht Colombo als Poststellenleiter als Erstes, die lange Mittagspause abzuschaffen. Und die ruppige Mama des Postboten kommt diesmal nicht weiß onduliert, sondern fährt messerbewaffnet Schokolade mit Schweineblut (»mangia, mangia!«) auf. Ansonsten ist fast alles wie im Original: Alberto Colombo(!) hat ebenso wenig Haare wie sein französischer Kollege, nur ist sein Darsteller Claudio Bisio leider nicht so charismatisch wie Kad Merad. Das trifft auch auf die anderen Beteiligten zu: Ein Charakter wie Hauptdarsteller (und Autor/Regisseur) Dany Boon, der das Sch'tiland mit seiner Präsenz geprägt hat, fehlt, dafür hat die Regiearbeit von Luca Miniero größere visuelle Schauwerte von Kamera und Lokalitäten zu bieten.
Einige Szenen – wie der Rollstuhl-Gag zu Anfang – sind Einstellung für Einstellung nachinszeniert, die Postbotensauftour passiert mit Vespa statt Fahrrad. Wer das Original kennt, soll nicht mit weiteren Handlungsdetails gequält werden, allen anderen muss die Auskunft genügen, dass Castellate samt Bewohnern sich bald als idyllisch gelegenes Bergstädtchen entpuppt, wo sich Lebenslust und Romantik entfalten und vermeintliches Kokain in Wirklichkeit nur Feuerwerkspulver ist. Befremdlich ist das schon, schließlich sind Mafia und Müllproblem ja keine Schimären. So darf man den von Berlusconis Medusa produzierten Streifen durchaus als eskapistisch bezeichnen, das Spiel mit den Klischees wird als Vehikel der Verharmlosung genutzt. Dass der Film mit fünf Millionen Zuschauern in seinem Heimatland erfolgreich war, kann dagegen kaum verwundern, auf das Feiern ihrer Lebensart haben die Italiener nie etwas kommen lassen. Da die deutsche Synchronfassung bei Redaktionsschluss nicht fertig war, kann dazu hier nichts gesagt werden. Für das deutsche Remake hätte Eichinger vermutlich einen Ostfriesen nach Bayern geschickt. Aber der lebt ja nicht mehr. Dafür sitzt Will Smith an einer Hollywoodversion.
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