Kritik zu Wie gut ist deine Beziehung?
In seiner Beziehungskomödie lässt Ralf Westhoff, ein genauer Beobachter des Zeitgeistes, ein Paar um die 40 in die Midlife-Crisis schliddern
Irgendwann, es ist wohl so in der Mitte des Filmes, fällt der entscheidende Satz: »Das ist keine Liebe, das ist Paranoia.« Es ist der irgendetwas um die 60 Jahre alte Tantra-Lehrer Harald (Michael Wittenborn), der ihn sagt. Harald ist allerdings nicht nur harmloser Tantra-Lehrer, sondern vor allem der, der die Paranoia bei Steve (Friedrich Mücke) ausgelöst hat. Denn Harald ist der Mann, für den Steves Freund Bob (Bastian Reiber) von seiner Freundin verlassen wurde – aus heiterem Himmel. Das klingt alles sehr viel komplizierter als es ist. Tatsächlich ist es banal, vor allem in der Betrachtung von Ralf Westhoff in der Liebeskomödie »Wie gut ist deine Beziehung?«
Nun könnte man meinen, dass Westhoff eine intelligente, spritzige Komödie über verunsicherte Männer in der Midlife-Crisis erzählt. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Regisseur und Drehbuchautor witzig und selbstironisch die Schwingungen des Zeitgeistes auf die Leinwand bringt. Das hat er etwa 2006 mit »Shoppen« getan, wo es um die Absurditäten des Speed-Datings ging. Oder in »Wir sind die Neuen«, der Generationen-Clashkomödie von 2014, in der Jungspießer auf Althippies trafen.
Im Jahre 2019 geht es also um die Beziehungen emanzipierter Paare, in dem Fall ohne Kinder, die sich prima in ihrer Zweisamkeit eingerichtet haben, in der »alles gut« ist – bis eben Bobs Freundin ihn für einen wesentlich älteren Mann verlässt – und Steve ins Grübeln gerät. Zuvor schon hatte der sich bei seiner Carola (Julia Koschitz) versichert, dass sie glücklich und zufrieden ist. Das bejaht sie arglos mit der Einschränkung: »Nicht morgens vor dem ersten Kaffee.« Allerdings ist da auch noch Carolas Single-Freundin Anette (Maja Beckmann), die ihr wenig charmant klar macht, dass man mit dem ewig gleichen Pulli und einer mit der Küchenschere nachgeschnittenen Frisur nicht gerade vor Attraktivität strotzt. Unmissverständlich gibt sie ihr außerdem zu verstehen, dass eine Beziehung, die keine Diktatur ist, ein Kompromiss sei. Was für ein Satz.
Genau da könnte Westhoff ansetzen und mit Selbstironie den Selbstoptimierungswahn unserer Zeit genüsslich sezieren. Er könnte das, zugegeben nicht neue, Thema der vielfach desaströsen Kommunikation zwischen Mann und Frau thematisieren und den Druck, den andere auf das Individuum ausüben – oder dem sich das Individuum aussetzt. Stattdessen schickt er Carola zum Friseur, um sich jünger machen zu lassen und Steve ins Fitnessstudio, weil er, wie er sagt, Carola zurückerobern wird, bevor sie ihn verlassen kann. Das hatte sie niemals vor. Er probiert neue Sexpraktiken aus, die Carola irritieren, weil sie so gar nicht zu ihrem Steve passen wollen. Doch nicht nur das. Steve setzt ausgerechnet Tantra-Harald auf Carola an, um ihre Flirtbereitschaft zu testen. Natürlich erscheinen die Geister, die er selber rief. Dass all die Mühen völlig unnötig waren, versteht sich von selbst – wie der komplette Film leider auch.
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