Kritik zu Was von der Liebe bleibt
Der indisch-deutsche Regisseur Kanwal Sethi erzählt in seinem Film über ein Paar in Berlin von einer großen Liebe, einem tragischen Tod und vom strukturellen Rassismus in Deutschland
Ein Auftakt in großen Sprüngen: Ein Mann liegt verschneit auf einer Bank, dann eine Szene auf einem festlich beleuchteten Boot, das auf einem Berliner Kanal schippert. Darauf Yasemin (Seyneb Saleh) und Ilyas (Serkan Kaya), zwei Deutsche türkischer und kurdischer Abstammung, die sich verliebt necken. »Ich bin Berliner. Ich bin hier geboren, hier will ich sterben«, sagt er, nachdem sie ihn lächelnd auffordert, er solle sich »Kanake« nennen. Wieder ein Sprung, »15 Jahre später« verrät ein Schriftzug. Das von den Jahren gezeichnete Paar kommt sich näher, hat leidenschaftlichen Sex in der Wohnung.
Damit setzt der indisch-deutsche Regisseur und Drehbuchautor Kanwal Sethi den Rahmen und die Ellipsen, zwischen denen sich sein Drama »Was von der Liebe bleibt« entspinnt. Der Titel ist wörtlich zu nehmen, denn was bleibt von der Liebe, wenn die Partnerin, wie Yasemin, einem Anschlag zum Opfer fällt? Und was bedeutet Heimat, wenn plötzlich Gewissheiten zerbröckeln?
»Heimat« heißt denn auch das erste der fünf Kapitel, in denen der Film auf zwei Zeitebenen die Geschichte einer Liebe aufrollt. In der Gegenwart kämpfen Ilyas und Tochter Senna (Amira Demirkiran) gegen den Schmerz, nachdem Yasemin in dem Café, das die Familie betreibt, von Unbekannten erschossen wurde. Die Ermittler »glänzen« mit Vorurteilen. »Nicht jeder Kulturkreis erlaubt gleichgeschlechtliche Beziehungen«, so die Polizisten, als sie eine lesbische Liaison zwischen Yasemin und ihrer besten Freundin vermuten. Ilyas gerät selbst ins Fadenkreuz der Ermittlungen, später taucht das Gerücht auf, Yasemin habe ein Doppelleben geführt und die PKK unterstützt.
Emotional grundiert werden die aktuellen Ereignisse durch Spotlights in die Beziehungsgeschichte: das Kennenlernen der beiden, die Neuigkeiten über ihre Schwangerschaft, die Hochzeit, Streitereien darüber, ob man, wie Yasemin unbedingt möchte, ein edles Restaurant eröffnet.
Während ein extremistischer Anschlag in Fatih Akins »Aus dem Nichts« Auslöser ist für einen Film, der sich zum Rachethriller gegen eine rechtsradikale Terrorzelle hochschraubt, nutzt Sethi in seinem Film die Ermittlungen, um von strukturellem Rassismus in der Polizei zu erzählen – ein nicht zuletzt mit Blick auf die Diskussionen um ein Revier in Frankfurt am Main sehr aktuelles Thema.
Der Regisseur kann sich auf seine beiden Hauptdarsteller verlassen, die das Paar sympathisch und natürlich spielen. Nur kommt das Drehbuch, trotz der komplex angelegten Erzählweise, gleichzeitig doch so formelhaft und didaktisch daher, dass der Film in nicht wenigen Momenten an eine Fernsehproduktion denken lässt. Da fallen dann etwa Sätze wie »Hey, gestern Nacht war sehr schön«, um die Bedeutung der letzten gemeinsam Nacht unnötig zu unterstreichen.
Wenn Ilyas, weil ihm sein »Kulturkreis« grundlos zum Verhängnis geworden ist, die so traurige wie treffende Erkenntnis hat, dass er doch ein »Kanake« ist, dann wünscht man sich, Sethi hätte stärker auf seine Bilder vertraut.
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