Kritik zu War Dogs
Todd Phillips (»Hangover«) entwickelt sich zum Spezialisten für Männer in absurden Extremsituationen. Eine Tatsachenstory
Die erste Szene spielt auf einem albanischen Fabrikgelände und führt David Packouz (Miles Teller) in die Geschichte ein: einen jungen Amerikaner, der in einen Pistolenlauf blickt und ernsthaft damit rechnen muss, dass sein letztes Stündlein geschlagen hat. Irgendwas muss schiefgelaufen sein in seinem Business. Wir werden es jetzt aber noch nicht erfahren, denn das Bild friert ein, und Davids Stimme beginnt im Off zu erzählen.
Wenn sich in »War Dogs« schon zu diesem frühen Zeitpunkt ein Déjà-vu-Gefühl einstellt, dann ist das durchaus beabsichtigt. Regisseur Todd Phillips verortet die auf Tatsachen basierende Story seines Protagonisten ein bisschen in der Wirklichkeit, vor allem aber im Reich des Gangsterkinos. Tarantino, De Palma und Scorsese zitiert er nach Herzenslust und orientiert sich im Ganzen stark an »GoodFellas«, von dem er sich Struktur, Mafia-Grandezza und die Aura der Vergeblichkeit ausleiht. Sein Film ist zuallererst eine Genrehommage mit einem Schuss Persiflage und nur in zweiter Linie die Nacherzählung einer spektakulären »Erfolgsgeschichte«, die zuerst im »Rolling Stone« stand und so unglaublich ist, dass sie eigentlich nur wahr sein kann.
Miami 2005. Mit Anfang zwanzig hat Packouz als Unternehmer schon einige Bauchlandungen hinter sich. Hilfe naht in Form seines alten Schulfreunds Efraim Diveroli (fulminant: Jonah Hill), der Waffen im Internet vertickt. Dabei ist er auf eine Goldader gestoßen: Die US-Regierung ist dazu übergegangen, Rüstungsaufträge für den Irakkrieg im Internet auszuschreiben. Auch kleinere Anbieter haben so die Chance, ein paar Krümel vom großen Kuchen abzubekommen. Als Efraim ihm die Zusammenarbeit anbietet, zögert David zunächst. War er nicht immer gegen den Krieg?
In seiner »Hangover«-Trilogie lud Phillips Alltägliches mit Bizarrerie und Exzentrik auf, hier geht er den umgekehrten Weg: Die Blitzkarriere von Packouz und Diveroli, die als Schreibtischtäter beginnen, bald aber selbst im Nahen Osten und auf dem Balkan mitmischen, inszeniert er mit komödiantischem Understatement als beinahe ruhigen Fluss. Die Idee dahinter: Die Story ist von Haus aus dermaßen over the top, dass es der Zuspitzung kaum noch bedarf. Auf sympathische Weise präsentiert sich Phillips über weite Strecken als klassischer Geschichtenerzähler, der seinen Figuren Raum zum Atmen lässt und mit großer handwerklicher Eleganz zu Werke geht.
In investigativer Hinsicht begnügt sich »War Dogs« damit, die hanebüchene Vergabepraxis der US-Militärbehörden zu Zeiten der Bush-Cheney-Administration zu skizzieren. Das genügt, um das Lachen im Halse stecken bleiben zu lassen, geht aber nicht so bitter-satirisch ans Eingemachte wie unlängst etwa »The Big Short« für die Finanzbranche. Die Deals der beiden »Gangster« sind anfangs übrigens keineswegs illegal. Die Branche an sich, das erzählt »War Dogs« zwischen den Zeilen, besitzt aber zwangsläufig eine kriminelle Eigendynamik.
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