Kritik zu Unter Schnee
Ulrike Ottinger ist wieder in den Fernen Osten aufgebrochen und hat verzauberte Schneebilder aus Japan mitgebracht. Aber warum kommt der tiefste Winter zur Sommerzeit ins Kino?
Federball spielen im Schnee, gespielt mit großen Schneeschaufeln, sogar beim heftigsten Schneetreiben, bei dem sich die Bäume nur so biegen. Das ist kein absurdes Theater, sondern gehört zu den guten alten Sitten und Gebräuchen, die an der ostjapanischen Küste in der Provinz Echigo auch heute noch mit Begeisterung gepflegt werden. Wieder einmal ist Ulrike Ottinger in die Ferne aufgebrochen, aber dieses Mal hat es sie in eine tief verschneite Gegend verschlagen, die das halbe Jahr unter einer Schneedecke liegt.
Das dortige Gemeinschaftsleben hat sich seit Jahrhunderten diesen Gegebenheiten angepasst: So werden die öffentlichen Festplätze – wie für das »Fest der Wegegötter« zum Jahreswechsel – erst einmal mit Schneeschuhen nicht herausfiltern, was überliefert ist und was Ulrike Ottinger für ihre filmerzählerischen Zwecke dienstbar gemacht hat.
Ulrike Ottinger lässt zwei Kabuki-Darsteller ins Schneeland reisen, die dort als Touristen ihre Silvestertage verbringen wollen. Aber sie lassen sich von wenigen Sonnenstrahlen dazu verleiten, den Weg zu ihrer Herberge zu Fuß anzutreten. Und schon beginnt das Werk der schlauen Füchsin, die nur auf ihre Stunde gewartet hat, um in Menschengestalt aufzuerstehen. Hinfort regiert der Zauberstab über der weißen Landschaft, wirbelt die Zeitebenen durcheinander und verwandelt die jungen Besucher in ein Ehepaar aus der Edo-Zeit. Sie tragen die klassischen Kostüme, sind geschminkt wie im Kabuki-Theater und nehmen – als stumme Beobachter – am Dorfleben teil.
Ulrike Ottinger ist ihrer bekannten Erzählweise treu geblieben. Als Ausgangspunkt dient das Reale, die Dokumentation des weißen Naturwunders und der dort gepflegten alten Gebräuche, die durch die Erzählerstimme erläutert und gleichzeitig durch das verzauberte Schauspielerpaar mit einem roten Erzählfaden versehen werden. Wenn sich der Film zuletzt zum Meer hin öffnet und einen Ausflug auf die nahe gelegene Insel Sado, die Insel der Verbannten, die dort in den Goldminen ihr Leben fristeten, unternimmt, beginnt eigentlich ein neuer Film. Die Anbindung erfolgt zwar durch einen Erzähltrick, der plötzlich ein himmlisches Findelkind in den Schnee zaubert, das von drei Blinden gerettet wird und dann zum erzählerischen Mittelpunkt des Films erkoren wird, doch die plötzliche Wende vom primär Dokumentarischen zum primär Wunderbaren wirkt doch etwas aufgesetzt.
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