Kritik zu Syriana
Thriller über das internationale Ölgeschäft
Eine immer größere Freude entwickelt George Clooney daran, die Attraktivität seines Aussehens und das Starpotenzial seiner Erscheinung zu desavouieren: Nachdem er in der Südstaaten-Odyssee O Brother Where Art Thou? mit dem obsessiven Gebrauch von Haargel und in der Ehescheidungskomödie Ein (un)möglicher Härtefall mit grellweißen Zähnen eine Eitelkeit zelebrierte, die so absurd übertrieben war, dass sie geradezu entstellend wirkte, dauert es nun in Syriana gar eine Weile, bis man ihn überhaupt erkennt: 15 Kilo hat er zugelegt und sich einen struppigen Bart wachsen lassen, um sich als CIA-Agent Bob Barnes unter die Araber zu mischen, die im Nahen Osten an den Ölquellen sitzen. Dabei ist er kein exponierter Star, sondern nur noch ein Rädchen im komplizierten Getriebe des internationalen Ölgeschäfts, wobei es durchaus Parallelen gibt zu den vielschichtigen Netz der Verbindungen, das Soderbergh und Clooney als Produzenten, Autoren, Schauspieler und Regisseure im Filmgeschäft spinnen. Nachdem sie in einer ganzen Reihe von Filmen involviert waren, die eine feine Balance zwischen politischem Aktivismus und intelligenter Unerhaltung halten, fungieren sie nun auch in Syriana gemeinsam als Produzenten, und der Regisseur und Drehbuchautor Stephen Gaghan hat zuvor das Oscar-prämierte Buch zu Soderberghs Traffic geschrieben. Hatte er dort das labyrinthische Netz der Verbindungen im Drogengeschäft entfaltet, geht es nun um die Verwicklungen im internationalen Ölgeschäft, das zwischen der Schweiz, Amerika, China, Kasachstan und den arabischen Förderländern noch um einiges komplizierter und undurchsichtiger erscheint.
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen die Helden den Überblick bewahren, so muss auch Bob Barnes bald merken, dass er keineswegs der gewiefte Drahtzieher ist, für den er sich hält, sondern nur eine Schachfigur im Spiel der anderen. Gerade hat er im Nahen Osten zwei Stinger-Raketen verkauft, nur um zu merken, dass seine Abnehmer die Hälfte der Ware hinter dem Vorhang weiterverticken. Der Verkauf freilich ist nur die Tarnung für ein von der CIA beauftragtes Attentat an den arabischen Waffenhändlern - so beginnt das perfide und verwirrende Spiel, in dem jeder der Verhandlungspartner seine wahren Strategien und Interessen geschickt verbirgt. Syriana handelt vom Verlust des Vertrauens und von einer tiefgreifenden Verunsicherung, und es ist allein der schillernden Besetzung zu verdanken, unter anderem mit Matt Damon, Chris Cooper, William Hurt, Jeffrey Wright, Christopher Plummer und Amanda Peet , dass man als Zuschauer in dem hochkomplizierten Geflecht der Beziehungen nicht völlig den Überblick verliert.
Syriana gehört zu einer ganzen Reihe von mehr oder weniger offensiv politischen Filmen, die in der Folge der New Yorker Anschläge von den intellektuellen Rändern Hollywoods angespült werden und in denen die Amerikaner längst nicht mehr die strahlenden Helfer und Helden abgeben, von Philip Noyces The Quiet American über die John-Le-Carré-Verfilmung Der ewige Gärtner und George Clooneys zweiter Regiearbeit Good Night, and Good Luck bis zu Lord of War, in dem Nicholas Cage einen skrupellosen Waffenhändler spielt. Auch Bob Barnes wird im Laufe des Filmes arg zugesetzt. Seine Auftraggeber lassen ihn fallen, von seinen Feinden wird er geschunden und gefoltert, und mit ihm auch das Bild des sauberen, überlegenen Amerikaners.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns