Kritik zu Summertime Blues

- kein Trailer -

Der »Jugendliebesfilm« als deutsche Antwort auf amerikanische »Coming-of-age«-Komödien hat Konjunktur. Marie Reich nahm sich für ihr Kinodebüt den Roman einer britischen Autorin zur Vorlage und passte ihn nahtlos ins deutsche System ein

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Dass pubertierende Kinder mit ihren Gefühlsschwankungen die Eltern in die Verzweiflung treiben, ist ein verbreitetes Klischee. In ihrem Kinodebüt »Summertime Blues« dreht Marie Reich den Spieß um. Hier sind es die Eltern, bei denen die Hormone außer Kontrolle geraten. Beim Schnitzelpanieren verkündet die Mutter (Karoline Eichhorn) ihrem Sohn Alex (François Goeske) die bevorstehende Scheidung und fügt einfühlsam hinzu, dass die Eltern ohnehin nur wegen ihm so lange zusammengeblieben sind.

Während der 15-jährige Junge sich nur mühsam in seine Rolle als Scheidungskind einfindet, scheinen die Eltern unbekümmert in ihr neues Leben durchzustarten. Der Vater (Christian Nickel) zieht mit seiner schwangeren Freundin zusammen. Die Mutter geht als Produktionsassistentin zum Film, wo sie den schmucken Schauspieler Seth (Alexander Beyer) kennenlernt. Im Sommer will sie mit ihm nach Kent ziehen, und weil der Vater sich pränatal überfordert zeigt, muss Alex mit.

Immerhin lernt er in dem winzigen Dorf die junge Engländerin Louie (Zoe Moore) kennen und aus den Staaten reist Seths Tochter Faye (Sarah Beck) an. Der amerikanisierten »Miss Perfekt« begegnet Alex zunächst ablehnend, bis sich die ersten Risse im Streberimage auftun und er weit mehr als nur geschwisterliche Gefühle für Faye entwickelt.

Nach dem gleichnamigen Roman der Britin Julia Clarke hat Marie Reich ihren Jugendliebesfilm entworfen. Als Produzentin stand ihr Mutter Uschi Reich zur Seite, die schon die Schirmherrschaft über Kinder- und Jugendfilme wie »Die wilden Hühner« und »Das fliegende Klassenzimmer« übernommen hat. Und so darf es nicht überraschen, dass sich »Summertime Blues« für ein Regiedebüt etwas zu geschmeidig in die deutschen Filmförderformate einpasst.

Ganz und gar verschreibt sich der Film der Perspektive des jugendlichen Helden. Die Voice-Over des Ich-Erzählers ist allgegenwärtig, kommentiert aber zumeist Geschehnisse, die sich auf der Leinwand schon längst selbst erklärt haben. Dabei hätte Reich ihren jugendlichen Hauptdarstellern durchaus mehr zutrauen können. François Goeske, der in einigen Szenen an den jungen Daniel Brühl erinnert, Sarah Beck und vor allem Zoe Moore sorgen dafür, dass »Summertime Blues« trotz manch sperriger Drehbuchpassagen als Jugendliebesfilm ganz ordentlich funktioniert.

Wenn nur die Eltern nicht wären. Karoline Eichhorn ist als Mutter, die ihren zweiten Frühling erlebt, noch passabel, Alexander Beyer hingegen bewegt sich als Stiefvater stocksteif durch das familiäre Dramolett, und Christian Nickel als katastrophaler Vater ist leider auch schauspielerisch eine ziemliche Katastrophe. Bei aller Liebe zur subjektiven Sicht der Adoleszenz sind hier die Erwachsenen doch zu eindimensional als unsensible Knallchargen gezeichnet – eine etwas unlautere Anbiederung an die jugendliche Zielgruppe. Dass es auch anders geht, zeigt das französische Kino gerade mit der Jugendkomödie »LOL«, die im Grabenkrieg zwischen Eltern und Kindern beide Seiten äußerst humorvoll ins Visier nimmt.

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