Kritik zu Sound of Freedom
»Nach einer unglaublichen, wahren Geschichte« erzählt der hochumstrittene, von der US-amerikanischen Rechten gefeierte Thriller von einem mutigen Special Agent, der Kinder aus den Fängen skrupelloser Menschenhändler befreit
»God's children are not for sale!«, lautet der Schlüsselsatz dieses Films, ausgesprochen von Jim Caviezel als Tim Ballard, Spezialagent der Homeland Security, der gegen den organisierten Menschen-, genauer gesagt: Kinderhandel vorgeht. Ein fraglos ernstes und wichtiges Thema, das der Film ins Genre des Thrillers verpackt, samt Anklängen an einschlägige Selbstjustizfilme. Doch schon bei der Behauptung, die Geschichte beruhe auf Fakten, fangen die Probleme an, denn mittlerweile sind erhebliche Zweifel an den Berichten und Aktionen des realen Tim Ballard erhoben worden.
Die Geschichte des Film-Ballards entwickelt sich schnurgerade, um nicht zu sagen stumpfsinnig in ihrer Vorhersehbarkeit wie auch in der durchgängig schablonenhaften Figurenzeichnung: Ballard kann bei einer Befreiungsaktion, für die er undercover selbst als Menschenhändler auftritt, den kleinen Miguel aus Honduras befreien, erfährt jedoch von dessen Vater, dass sich Miguels Schwester Rocío noch in der Hand der Entführer befindet, tief im kolumbianischen Dschungel, der von schwerbewaffneten kriminellen Banden beherrscht wird. Der furchtlose Ballard quittiert nun seinen Dienst, um eine Flussfahrt in dieses »Heart of Darkness« zu unternehmen und das kleine Mädchen auf eigene Faust zu befreien.
So wenig die Filmhandlung einen direkten Bezug zu rechten Verschwörungserzählungen à la QAnon herstellt, so kräftig spielt die Inszenierung auf der Klaviatur religiöser Motive. Aufdringlich messianisch ist schon die Darstellung Tim Ballards: Caviezel knüpft da 20 Jahre nach »Die Passion Christi« noch einmal an seinen Jesus an, schaut wechselweise entschlossen oder betroffen, ein Schmerzensmann, der sein Leben für die Erlösung der Kinder einsetzt und seinen finsteren Gegenspielern, durchweg unrasierte, verschwitzte Klischeefiguren, neben körperlicher Gewalt vor allem die Reinheit seiner Mission entgegensetzt. Aufdringlich weihevoll auch die Musik mit Ethno-Anklängen in den zahlreichen emotionalen Szenen, die die Thrillerhandlung ständig ausbremsen.
Zum Thema Menschenhandel wählt der Film einen rein emotionalen, erschreckend realitätsfernen Zugang: Kaum sind die Kinder befreit, sind sie auch wieder glücklich, und wenn eine Trommel zur Hand ist, wird gleich getanzt und gesungen, und die Erwachsenen können sich freuen: »Das ist der Sound of Freedom.« Bestürzend, dass dieses Beispiel glaubensbasierter Exploitation, das außer Sentimentalität und Selbstgerechtigkeit kaum etwas zu bieten hat und das Leid von Kindern letztlich nur benutzt, um eine Heldenfigur zu feiern, in den USA ein solcher Erfolg werden konnte.
Der fragwürdige »Höhepunkt« des Werks – zumindest in der Originalfassung – folgt, wenn der Abspann schon halb durchgelaufen ist: Caviezel richtet sich in einem hochemotionalen Aufruf direkt an das Publikum, man solle die Werbetrommel für »Sound of Freedom« rühren, denn wenn nur genug Leute dieses Werks ansichtig und sich des Themas bewusst würden, könne man alle Sklaverei auf Erden beenden (oder so ähnlich).
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