Kritik zu Sonnenplätze

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Ein Sommerfilm, der eine früh gescheiterte Künstlerfamilie in ihrem Ferienhaus auf Lanzarote zeigt und dabei besonders die Vater-Tochter-Beziehung ins Zentrum rückt

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Erst wenn man den ganzen Film gesehen hat, versteht man die erste Szene, die weit zurückgeht in der Zeit. Ein junger Mann mit langen Haaren steigt in sein vollgepacktes Auto und findet ein Mädchen im Teenageralter auf dem Rücksitz versteckt. Ohne viele Worte zwingt er sie, auszusteigen und fährt davon. Man tut gut daran, sich diese Szene zu merken, denn sie markiert nicht nur eine dysfunktionale Familienstruktur, um die es im Folgenden geht, sondern auch den erwartungsfrohen Beginn einer schriftstellerischen Karriere. Der Mann, der hier seine Frau und seine zwei Kinder verlässt, ist der spätere Bestsellerautor Jo Maibaum (Niels Bormann), dem zum Zeitpunkt der Gegenwart des Films nicht nur die Haare ausgegangen sind, sondern auch die Ideen für weitere literarische Erfolge. Das Mädchen, das den sich entfernenden Rücklichtern hinterherstarrt, ist seine Tochter Samuela, genannt Sam (Julia Windischbauer), die dann gerade ihren ersten Roman abgeschlossen hat und feststellen muss, dass ihr Verlag die gesamte Nachwuchsreihe eingestellt hat. 

Gemeinsam mit ihrem Bruder, der sich vor einem offenbar von seinen Eltern gewünschten Musikstudium auf der Flucht befindet – leider erfährt man nie, warum – fährt sie heimlich nach Lanzarote, in das Ferienhaus der Mutter, der Verlegerin Sybille Maibaum (Juliane Köhler) und trifft nach langer Zeit ihren Vater wieder, der sich dort als Hausbesetzer eingenistet hat. Als auch noch die Mutter mit ihrem neuen Lebensgefährten auftaucht, um den Verkauf des Hauses voranzutreiben, ist das Chaos perfekt.

Doch leider nicht nur das. Regisseur Aaron Arens hat sich für sein Debüt sehr viel vorgenommen, zu viel. Er mutet den einzelnen Figuren zu viel Geschichte und komplizierte Befindlichkeiten zu, ohne Zeit zu finden, sie auch erzählen zu können. Stattdessen reiht er Behauptungen aneinander, die der Zuschauer nicht nur zuordnen, sondern auch systematisch bewerten muss. 

Die einzelnen, stets chaotisch verlaufenden Filmszenen sind Kapiteln des fiktiven Erfolgsromans von Vater Jo zugeordnet, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Der Witz, dem dies einzig dienen könnte, bleibt dabei auf der Strecke. Selbst der Vater-Tochter-Konflikt, der sich auf der literarischen wie auf der persönlichen Ebene parallel vollziehen soll, bleibt in zu vielen Andeutungen stecken, als dass man bereit wäre, ihm mit Spannung zu folgen. 

Aaron Arens verlässt sich auf sein durchweg starkes Ensemble, vergisst dabei aber, ihnen die richtigen Sätze in den Mund zu legen. Die Handlung bleibt sprunghaft, und die intendierte Mischung aus Melancholie und Humor geht nicht auf. Es wird ständig gekifft, diskutiert und geschimpft, bis einer beleidigt den Raum verlässt. Es muss nicht immer eine Lösung geben, erst recht nicht bei Familienkonflikten, doch kann ein solcher Film nur funktionieren, wenn man versteht, warum Gefühle wie Liebe und Hass entstanden sind und warum sie sich verändert haben. Das ist mit am Ende doch beliebig aneinandergereihten Szenen, und seien sie noch so malerisch, nicht zu erreichen.

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