Kritik zu Smashed

© Sony Pictures

James Ponsoldts Film unterscheidet sich von anderen Werken zum Thema Alkoholismus durch seine entspannte Haltung zum Sujet – und die fabelhafte Hauptdarstellerin Mary Elizabeth Winstead

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Kate (Mary Elizabeth Winstead) ist eine Lehrerin, die die Erstklässler begeistern kann. Die Kinder hängen an ihren Lippen, wenn sie die Schulstunde in eine Fernsehshow verwandelt. Mit dem Stift als Mikrofon geht die wild gestikulierende Moderatorin durch die Reihen, begleitet ihre kleinen Kandidaten an die Tafel und entlässt sie mit einem großen Applaus, wenn sie das Wort richtig angeschrieben haben. Aber dann, mitten im Satz, krümmt sich Kate zusammen, sinkt hinter das Pult und leert ihren Mageninhalt in den Papierkorb aus. Als sie wieder auftaucht, fragt eine der Schülerinnen: »Mrs. Hannah, sind Sie schwanger?«

Aber die Lehrerin, die dem Erklärungsmodell dankbar zustimmt, ist nicht schwanger. Kate ist Alkoholikerin. Nach durchzechter Nacht hat sie schon morgens unter der Dusche das Restbier vom Vorabend ausgetrunken und vor der Schule schnell noch eine Ladung Whisky aus dem Flachmann hinterhergekippt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Charlie (Aaron Paul) gibt sie sich jeden Abend die Kante. Die beiden sind glücklich miteinander und lieben sich auf eine alles vergebende Weise, wie nur Süchtige sich lieben können. Wenn sie am Morgen aufwachen und Kate wieder einmal ins Bett gemacht hat, wird die Angelegenheit vom Ehemann mit einem liebevollen Kommentar zu den Akten gelegt. Charlie trinkt viel und ist zufrieden mit seinem Dauerpartydasein. Kate trinkt mehr und gerät zunehmend außer Kontrolle. Wenn sie nachts mit dem Fahrrad nach Hause fährt, kippt sie einfach um, wacht am anderen Morgen im Straßengraben auf und fährt weiter. Als sie jedoch im Suff Crack zu rauchen beginnt, erkennt Kate, dass ihr Alkoholismus sie unweigerlich in den totalen Absturz führen wird. Ein Kollege (Nick Offerman), der seine eigenen Suchterfahrungen hat, erkennt Kates Situation und nimmt sie mit zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker. Aber wie mit dem Trinken aufhören, wenn der geliebte Lebenspartner einfach weitermacht? Kates Versuch, trocken zu werden, wird für die Beziehung zur Bewährungsprobe.

James Ponsoldts Smashed unterscheidet sich von den zahlreichen Vorgängerwerken zum Thema Alkoholismus vor allem durch seine entspannte Haltung zum Sujet. Ohne moralische Anklage beschäftigt sich der Film mit den Auswirkungen der Sucht. Ponsoldt hat hier kein hochprozentiges Sozialdrama im Sinn. Die Verwahrlosung, die mit dem Alkoholismus einhergeht, nimmt die Kamera nur aus dem Augenwinkel wahr. Genauso wenig steht hier ein larmoyantes Säuferporträt à la Leaving Las Vegas auf dem Programm, das den Trunksüchtigen zum melancholisch-nihilistischen Helden stilisiert. Stattdessen beschäftigt sich Smashed mit dem Alkoholismus als Lebensgefühl und der Eigendynamik, die daraus für eine Liebesbeziehung entsteht. Dabei bleibt sogar die psychologische Ursachenforschung außen vor. Nur kurz wird mit einem Besuch bei Kates Mutter (Mary Kay Place), die ebenfalls Gewohnheitstrinkerin ist, auf familiäre Suchtdispositionen eingegangen. Ansonsten überwiegt in Smashed der nüchterne systemische Blick auf die Figur, die den eigenen Suchtstrukturen zu entkommen versucht.

»Es ist schwer, ein ehrliches Leben zu führen «, sagt Jenny (Octavia Spencer), die Kates Begleiterin bei den Anonymen Alkoholikern ist. Nicht weniger einfach ist es, einen unverlogenen Film über Alkoholismus zu machen. Dass dies in Smashed gelingt, daran hat Hauptdarstellerin Mary Elizabeth Winstead einen großen Anteil. Seit fünfzehn Jahren führte sie in Hollywood mit Filmen wie Final Destination 3 oder zuletzt Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben ein typisches Nebendarstellerinnendasein und bekommt nun in dieser Independentproduktion genug Raum, ihr schauspielerisches Können unter Beweis zu stellen. Ganz ohne Tour-de-Force- Anwandlungen legt sie diese keineswegs unglückliche junge Frau an, die keinen Halt im Leben findet, sich treiben lässt und allmählich wieder zur Lenkerin ihres eigenen Dasein wird. Sie verleiht ihrer Figur eine Durchlässigkeit, Verletzlichkeit und aufkeimende Willenskraft, ohne aufdringliche Empathieforderungen an das Publikum zu stellen. Dass man diese Kate dennoch auf eine ganz mitleidslose Weise ins Herz schließt, ist ihr großes Verdienst.  

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