Kritik zu Private Revolutions – Jung, Weiblich, Ägyptisch
Jung, weiblich, ägyptisch: Die Österreicherin Alexandra Schneider flog nach Kairo, um dort über zwei Jahre hinweg vier Frauen und ihr politisches Engagement zu verfolgen
Die ägyptische Revolution mit ihrer Aufbruchsstimmung ist gerade einmal vier Jahre her, scheint aber Äonen weit entfernt. Festgehalten sind die Ereignisse in unzähligen mit dem Handy oder professionell gemachten Filmen von einheimischen oder extra Angereisten. Zu Letzteren gehörte auch die Wiener Filmemacherin Alexandra Schneider. Besonders die Bilder der Frauen, die sich der Staatsmacht widersetzten, hatten sie so neugierig gemacht, dass sie nach Kairo fuhr. Zwei Jahre drehte sie da. Der Film, der dabei herauskam, begleitet vier Frauen mit ganz unterschiedlichen sozialen und politischen Positionen, die ihr Engagement für eine Veränderung verbindet.
Da ist die streitbare Sharbat Abdullah, die ihre kleinen Söhne auf den Tahrir-Platz mitnimmt und das »Nein zum Militär, nein zu den Muslimbrüdern«-Plakat in die Kamera halten lässt. Später zeigt sie neben Gasmasken und Tränengasbrille auch die Schere, die sie dabei hat, um potenziellen Vergewaltigern das Fürchten zu lehren. Da ist die ehemalige Bankerin May Gah Allah, die eines morgens mit Skrupeln aufwachte: Ihr erschien das Leben zu kurz, um nur Geld machen zu wollen.
Jetzt kämpft sie für die Errichtung eines Kulturzentrums in ihrer nubischen Heimat – aber auch gegen Vorbehalte der Einheimischen, die bei einer unverheirateten 25-Jährigen feindliche Infiltration wittern. Die frauenbewegte Journalistin Amani Eltunsi macht seit 2008 im eigenen Studio eine Radiosendung speziell für Mädchen und Frauen, in der sie darum kämpft, Tabuthemen wie Scheidung, Heiratszwang oder Klitorisbeschneidung anzugehen – gegen die Vorgaben: »Kein Sex, keine Politik, keine Religion!« Und dann ist da Fatema Abouzeid, die an einem Stand der Freedom and Justice Party für die Muslimbrüder wirbt. Der Tag der Studentin und dreifachen Mutter ist lang und reicht vom frühmorgendlichen Gebet über Kinderhüten und Politik bis zum Aufbrezeln für den mitternächtlich heimkehrenden Ehemann. Später erfahren wir, dass sie auch familiär stark mit Mursis Truppe verbandelt ist. Dabei hat Fatema trotz anderslautender Postulate offensichtlich so wenig Autonomie, dass sie nach dessen politischem Aufstieg mit nicht wirklich überzeugenden Ausreden aus dem Film aussteigt.
Bei den anderen bleibt der Kater nicht aus: Die auftauchenden Hindernisse sind vielfältig und reichen von Beleidigungen und geplatzten Beziehungen über soziale Isolierung bis zur Verwüstung der Wohnung durch Schläger, wie es Amani Eltunsi geschah. Und nicht nur, als Sharbats Nachbarn dem Filmteam vorwerfen, sich nicht ausreichend um die Verbesserung ihrer materiellen Lage zu kümmern, werden auch Probleme durch die Dreharbeiten selbst thematisiert.
Im Ergebnis ist »Private Revolutions« ein Film, der sich ganz und – wie wohltuend – ohne große Geste in den Dienst seiner Heldinnen und der erzählten Sache stellt. Die sind noch längst nicht bereit, aufzugeben. In vielleicht zehn Jahren, meint Sharbat, könnten sie und ihre Söhne endlich die Früchte ihrer Opfer und Mühen ernten. Von außen gesehen scheint das mehr als hoffnungsvoll gedacht.
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