Kritik zu Next Goal Wins
Taika Waititi verfilmt die wahre Geschichte von der angeblich schlechtesten Fußballmannschaft der Welt und ihrem Traum von einem einzigen Tor als formelhafte Komödie, die das eigene Genre ironisiert
Der Sportfilm mag's gern meritokratisch: Wer sich anstrengt, kann es bis ganz nach oben schaffen. In Taika Waitis »Next Goal Wins« wird das schwierig: Er handelt von der vielleicht schlechtesten Fußballnationalmannschaft der Welt, Amerikanisch-Samoa. 2011 verlor sie in einem legendären Spiel 31-0 gegen Australien. Jahre später soll der holländische Trainer Thomas Rongen das Ruder herumreißen. Dieser Geschichte und ihrer real existierenden Protagonisten nimmt Waititi sich an. Ein einziges Tor, das ist der Traum.
Die Inselgruppe Amerikanisch-Samoa mit ihren kaum 50 000 Einwohnern wird uns als leicht verlottertes Paradies gezeigt, mit überwiegend liebenswürdig-trotteligen Figuren. Alles ist ein großes Dorf, jeder hat mindestens drei Berufe und das Herz am rechten Fleck. Das Provinzielle wird ausgestellt, wo es geht, und separiert ihr begeistert-gemeinschaftliches Fußballspiel vom kalten Kalkül des Profisports.
Trainer Rongen (Michael Fassbender), ein seiner Exfrau nachweinender Alkoholiker, fällt nach mehreren Ausfällen im USA-Profisport in Ungnade und wird nach Amerikanisch-Samoa versetzt. Herzig bemüht man sich dort um ihn, bringt ihn in einer mit Elvis- und Jesuskitsch behangenen Hütte unter. Und versucht, ihn mit theatralisch-spirituellen Einlagen in seinem Gottkomplex zu bestärken. Das gelingt mehr schlecht als recht, denn Rongens bierernste Methoden prallen an dem undisziplinierten Haufen einfach ab.
Man kann sich denken, was folgt: Trainingsmontagen, 80er-Jahre-Musik, Frustration, Entzweiung, Einsicht in die Lebenswelt des anderen (es ist nur ein Spiel, Spaß muss es machen), Läuterung und schließlich das große Turnier. In seiner ironisch kommentierten Formelhaftigkeit wirkt der Film wie eine Handwerksübung.
Eine gelungene, kann man sagen. Dank Waititis Regie behält der Film stets Tempo und Witz bei. Der Neuseeländer hat einen scharfen Blick fürs Auseinanderfallen von Idee und Realität, und fanatischer Sportsgeist und sportunbegabte Körper eignen sich hier bestens für Gags, ohne dass es allzu derb wird. Resultate sind Dialoge wie: »Aber bis zum Turnier sind es nur noch drei Tage« – »Na und? Rom wurde an einem Tag erbaut!«
Eine größere Rolle nimmt die Transfrau Jaiyah (gespielt von Kaimana) ein – die samoanische Tradition kennt für Phänomene des Nonbinären die Bezeichnung Fa'afafine. Doch letztlich wird ihr lediglich wohlwollend-hätschelnd begegnet. Wie alle anderen Figuren dient sie eher Rongens Persönlichkeitsentwicklung, statt selbst zu strahlen. Großes komödiantisches Talent entfalten sie alle, aber an die Ambivalenz und Glaubwürdigkeit von Waitits ähnlich familiär angelegtem Boy kommt hier niemand heran.
Zu bedauern ist vor allem, dass aus der Ausgangssituation so wenig herausgeholt wird. Die Messlatte für sportlichen Erfolg liegt tief, ansonsten wird hier keine unkonventionelle Idee von Wettbewerb oder Erfolg verfolgt. Die hohlen Motivationssprüche werden stilecht ins Lächerliche gezogen, am Ende sollen sie doch verfangen.
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