Kritik zu Museum of the Revolution
Der serbische Regisseur Srdjan Keca beobachtet drei Menschen in Novi Beograd, die in den Ruinen eines Museumsgebäudes leben
Das Museum der Revolution, das dem Film seinen vielsagenden Titel gibt, ist nie fertig gebaut worden. Es hätte ein Bestandteil des modernen, am Reißbrett entworfenen Stadtviertels Novi Beograd werden sollen, das am linken Ufer der Save seit Ende der 40er Jahre entstand. Im Sava Centar hielten die Kommunisten immer ihre Parteitage ab. Und die Exposition zeigt Archivaufnahmen – ohne Ton – über den beginnenden Bau, mit Fahnen, Ansprache und Arbeitseinsatz.
Aber »Museum of the Revolution« ist kein Film über Architektur oder Stadtgeschichte, sondern über drei Menschen. Über Menschen, die in den Ruinen des Erdgeschosses dieses Museums leben müssen. Der Film deutet an, dass es viele sein müssen, fokussiert sich aber auf drei: die vielleicht achtjährige Milica, ihre Mutter Vera und Mara, die wie die Großmutter wirkt, aber nicht die leibliche ist. Aber irgendwie bilden die drei eine Familie. Im Zentrum stehen aber Milica und Vera, die auf den Straßen von Belgrad die Windschutzscheiben von Autos reinigen und dafür ein paar Dinar kassieren. Sie sind Roma, aber das erfahren wir nur nebenbei. Milicas Vater Nenad sitzt im Gefängnis, in Nis, und Vera schickt ihm Geld und Pakete.
Der serbische Regisseur Srdjan Keca beobachtet seine Figuren mit großer Anteilnahme. Er stellt keine Fragen, er liefert so gut wie keinen Hintergrund. Es gibt lange Sequenzen, in denen gar nicht gesprochen wird. Und doch gelingt es ihm, den Optimismus in diesem täglichen Kampf ums Überleben greifbar zu machen. Und es gelingen ihm, der selbst als Kameramann fungierte, Bilder voller Wärme, etwa wenn Mara nur im Licht einer Kerze Milica das Stricken beizubringen versucht.
»The purpose of this museum is to safeguard the truth about us«, heißt es wie ein Motto über das Museumsprojekt zu Beginn des Films. Geschrieben hat es der kroatische modernistische Architekt Vjenceslav Richter 1961. Doch schon das nächste Insert relativiert das Pathos, das Sprichwort: »The wind got up in the night and took our plans away.« So wie sich im aufgegebenen Gebäude des Revolutionsmuseums die gescheiterten Träume des sozialistischen Aufbaus und des Vielvölkerstaats Jugoslawien niederschlagen, so ist Milicas Familie wohl auch einmal vom Dorf in die Stadt gezogen, mit großen Hoffnungen vielleicht, die ziemlich schnell gescheitert sind. Der Film vertieft das nicht, er deutet es nur an, wie vieles. Aber in der vielleicht berührendsten Sequenz des Films reden Milica und ihre Mutter darüber, wie sie wieder in ihr Dorf zurückgehen werden, in ein Haus mit Badezimmer. Sie sitzen am Ufer der Save von Novi Beograd, und die Kamera zeigt einen der Hochhausklötze des Belgrade-Waterfront-Projekts, eines mit finanziellen Mitteln aus Abu-Dhabi entstehenden Mega-Stadtviertels auf der anderen, der Belgrader Seite, über dessen Entstehung der Vorwurf von Korruption und Schiebung liegt. Die Analogien zum Anfang sind gewollt. Wird dieses milliardenschwere Viertel je fertiggestellt werden? Oder bleibt es ein Traum?
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