Kritik zu Medusa Deluxe

© MUBI

2022
Original-Titel: 
Medusa Deluxe
Filmstart in Deutschland: 
08.06.2023
Heimkinostart: 
04.08.2023
V: 
L: 
101 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Ein Whodunit der etwas anderen Art: Bei einem Frisurenwettbewerb wird ein Teilnehmer skalpiert aufgefunden! Thomas Hardimans rasante Krimikomödie ist camp as camp can

Bewertung: 4
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»Was soll der Mist, was zum Teufel machen wir hier?«, schimpft Cleve (Clare Perkins), während sie am Kopf eines Frisurenmodels herumnestelt. Sie ist Meisterfriseurin und nimmt, wie die anderen Kolleg*innen in diesem wuseligen Make-up-Hinterzimmer, an einem Wettstreit um extravagante Haarkunst teil. Ihr Beitrag, mit dem sie sich den Sieg sichern will: eine georgische Fontange, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts der letzte Schrei an europäischen Adelshöfen war: eine halbmeterhohe Haarhaube, in stundenlanger Detailarbeit auf ein Drahtgestell drapiert. Vor den anderen Spiegeln sitzen Models mit ebenso prächtigen Kreationen, doch so filigran und extravagant die Kunstwerke aus Locken und Zöpfen, Sprays und Tönungen, Drähten und allem erdenklichen anderen Beiwerk sind, so derbe reden und fluchen die Friseur*innen untereinander, dass einem schon beim Zuhören die Haare zu Berge stehen. 

Die Stimmung ist nicht nur wegen des Konkurrenzdrucks angespannt. Denn gerade ist ein Kontrahent, Mosca (John Alan Roberts), tot aufgefunden worden. Skalpiert! Und niemand darf das Gelände verlassen. Die Teilnehmenden rätseln: Wer war es? Wurde ein unliebsamer Rivale aus dem Weg geschafft? Oder ist der ganze vom zwielichtigen Impresario René (Darrell D'Silva) organisierte Wettbewerb ein längst abgekartetes Spiel? Die Polizei lässt auf sich warten, also nehmen die cholerische Cleve, die gottesfürchtige Divine (Kayla Meikle) und Kendra (Harriet Webb) die Suche nach dem Mörder selbst in die Hand. Und nach und nach kommen immer skandalösere Details ans Licht. Nicht nur Moscas Partner Angel (Luke Pasqualino), mit dem der Tote ein Baby großziehen wollte, gerät unter Verdacht, auch Moscas mysteriöser Ex-Lover. Und was hat es mit dem Securitytypen Gac (Heider Ali) auf sich, der sich laufend feuchte Tücher borgt, um Blutflecken zu entfernen? Oder ist es etwa doch eine der Frauen, die Hand angelegt hat?

Mit seinem Langfilmdebüt liefert der Brite Thomas Hardiman eine atemlose Krimikomödie, angesiedelt in einem Gebäudelabyrinth aus Frisiertischen, Fluren und Toiletten. So sehr er Versatzstücke klassischer Whodunits in sein Netzwerk kleiner skurriler Szenen einbaut, interessiert ihn die Mördersuche letztlich weniger, als einen möglichst schrillen Mikrokosmos wie einen Flohzirkus zu inszenieren, scheinbar in einem Schwung und ohne einzigen Schnitt (tatsächlich aber an neun Drehtagen gefilmt), mit exaltiertem Personal und reichlich unerwarteten Wendungen. Das funktioniert, weil die Kamera jeweils einer anderen Figur folgt und so zahlreiche Fährten gelegt werden, die auch mal in die Sackgasse führen, denen man aber höchst vergnügt folgen mag. Weil Hardimans Films eine herrliche Hommage an die obsessive Kreativität der Frisurenmagier – der Hairstylist des Films, Eugene Souleiman, war für spektakuläre Looks bei Modeschauen von Alexander McQueen und Maison Margiela verantwortlich – und zugleich ein irrer Spaß mit herrlich ätzenden Dialogen ist: rasant, klaustrophob und sehr, sehr camp!

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