Kritik zu Marry Me!

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Neelesha Barthel, deutsche Regisseurin mit indischen Wurzeln, inszeniert in ihrem Spielfilmdebüt ein wenig Bollywood auf Kreuzberger Dächern. Eine Multikulti-Komödie mit einer Gruppe starker deutsch-indischer Frauen im Zentrum

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Berlin-Kreuzberg ist ein ansehnliches Multikulti-Idyll, in Indien dagegen stehen Frauen unter der Knute des Patriarchats. Großmütter, vor allem indische, können sich als giftige Verfechterinnen eben jener Unterdrückung erweisen, verdienen jedoch auch weibliche Solidarität. Aus diesen Stoffideen hat die mit deutsch-indischen Eltern in der Potsdamer DEFA-Film-Community aufgewachsene Regisseurin Neelesha Barthel ihre sympathische Bollywood-­Komödie Marry Me! entwickelt.

In Dokumentarfilmen, darunter Fifty fifty, verhandelte Barthel das Für und Wider von Liebe, Partnerschaft, Beruf und Kindern immer wieder autobiografisch getönt. Auch Marry Me! kreist um das Thema moderne Familie, nimmt es nun aber mit den Klischees typischer Culture-Clash-Komödien auf. Dreht sich Fack ju Göhte um die Feier eines zupackenden Machismo, der die weibliche Dominanz in deutschen Schulen schadenfroh überbietet, handelt Marry Me! von den Tricks und Täuschungen, mit denen Frauen den Riss zwischen Tradition und Moderne eher konfliktscheu zu überspielen versuchen.

Viele Einspruchsberechtigte scheinen am Script herumgeschraubt zu haben, um den Spagat zwischen Satire und political correctness zu kaschieren. Auch setzt die Regisseurin wenig punktgenaue Leichtigkeit des Seins bei ihrem Ensemble durch. Nebendarsteller wie Wolfgang Stumph und Renate Krößner chargieren eher erbärmlich, und auch die mit »Voll krass« und »Hej« gespickten Dialoge unterfordern das Publikum.

Kissy (Maryam Zarée), eine lässig gekleidete junge Deutsch-Inderin, fühlt sich im sommerlichen Kreuzberg als Café-Besitzerin und Single-Mutter ihrer Tochter Meena (Lila Marschall) wohl, wäre da nicht die Angst vor einer neuen Beziehung. Mit ihrer Schwester Sonal (Mira Kandathil) führt sie das moderne Café-Restaurant ihrer einst von der Familie verstoßenen verstorbenen Mutter. Sie sorgt für eine traumhaft freundliche Atmosphäre im gesamten dem Clan gehörenden Haus. So ermöglicht sie den Nachbarn ein gutes Leben und fördert Meenas Beziehung zu ihrem Vater Robert (Steffen Groth), einem Expiloten und Hängemattentyp, der seinen Burn-out beim Yoga mit der Freundin im Hinterhaus kuriert.

Es folgt der Auftritt der aus Indien anreisenden Großmutter Sujata – als herrschsüchtiges Scheusal wunderbar komödiantisch verkörpert von der indischen Grand Dame Bharti Jaffrey. Oma besteht auf indischer Küche und stellt Karim (Fahri Yardim), bald wider besseren Wollens Kissys love interest, als neuen Koch ein. Vor allem drängt sie Kissy zur Hochzeit mit Robert, andernfalls würde sie das Haus verkaufen. Zwangsheirat oder taktischer Schachzug bis zur Abreise der alten Dame? Kissys Entscheidungsnot drückt sich in bunten Alpträumen aus, die als Seitenhiebe auf typische Bollywood-Tanzeinlagen inszeniert sind und schließlich im offenen Streit kulminieren, als herauskommt, dass Sujata auf jeden Fall zum Hausverkauf genötigt ist. Alles wird gut, alles bleibt bunt, verspricht Marry Me! ein wenig einschläfernd.

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