Kritik zu Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs

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Abstrakte Kunst und handfester Alltag werden in diesem diskreten Liebesfilm über eine Putzfrau und einen Hausmeister auf unerwartete Weise kurzgeschlossen

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Die Form bestimmt den Inhalt in dieser Liebeskomödie, deren Schauplatz der wichtigste Darsteller ist. Die Pariser École des beaux-arts ist ein Gebäudekomplex, der Geschichte atmet, ein über Jahrhunderte gewachsenes Labyrinth aus prächtigen Hörsälen, Ateliers, Hinterzimmern, Gängen, einer grandiosen Bibliothek, und Archiven voller vor sich hin staubender Artefakte. Als Putzfrau Maria ihre neue Arbeitsstelle antritt, ist ihr trister Alltag zwischen Metro, drögem Ehemann und Vorstadtreihenhaus ganz weit weg. Die schüchterne Frau taucht ein in die Spielzimmer erwachsener Kinder, die sich einzig damit beschäftigen, ihre Gefühle, Träume, Impulse, in fantasievollen Projekten auszudrücken. Der gute Geist dieses Reichs ist der langjährige Hausmeister Hubert, der den Kunststudenten helfend unter die Arme greift. Er hält seine schützende Hand auch über die neue Putzfrau, nachdem diese nach einer Ausstellung zu eifrig aufgeräumt hat.

Das Regieduo Lauriance Escaffre/Yvo Muller übernimmt in seinem Langfilmdebüt selbst die Rollen zweier blasierter Dozenten, die, eine diskrete Parodie auf Kunstfunktionäre, stets ein wenig »drüber« sind und in fahriger Herablassung das Personal herumschubsen. Doch dies ist kein Film der billigen Witze über moderne Kunst, selbst wenn eine Butter-Installation an das Malheur von Joseph Beuys' Fettecke und ein Vulven-Mobile an die Moden der Gegenwartskunst erinnern. Denn während die Studenten damit kämpfen, ihre Werke im abstrakten Jargon erklären zu müssen, haben die wundersamen Objekte auf Maria eine direkte, lebensverändernde Wirkung. So lässt sich die Putzfrau ebenfalls als Helferin einspannen, wird unfreiwillig Teil einer Performance, dann Aktmodell. Auch Heinzelmännchen Hubert lässt sich von den kreativen Schwingungen inspirieren, bastelt Landschaften aus Putzschwämmen, und kommt der zaghaft neugierigen Maria immer näher.

Die filmischen Porträts dieser Menschen, mit einer pädagogischen Botschaft unterlegt, sind im Grunde ebenfalls recht herablassend. Denn wirklich stimmig sind diese Underdog-Charaktere nicht: Maria, eine gestandene Frau, wirkt allzu unbedarft und bekommt einen unnötigen Familienkonflikt angedichtet. Auch erfährt man nie, wie Hubert zum langjährigen Faktotum der Kunstakademie wurde. Und doch ist es ist zauberhaft anzusehen, wie diese Unsichtbaren sich ihre eigenen Spielräume erobern und, inmitten von Wischmops, kuriosen Objekten, nackten Statuen und Lichtinstallationen sich wortlos aufeinander zu bewegen. Ihr Flirt ist eine um die Ecke gedachte Hommage an eine Kunst, die neue Perspektiven auf das Leben, auf den Betrachter selbst eröffnet. Neben Grégory Gadebois, zuletzt in der Küchenkomödie »A la carte« ein ähnlich grummelig-gutmütiger Einzelgänger, glänzt besonders Karin Viard, die eigentlich auf vorlaut-burleske Rollen abonniert ist. Hier ist sie als Aschenputtel, das endlich gesehen wird, als Frau, die sich wieder zu spüren beginnt, gegen den Strich besetzt – und doch in ihrer ungelenken Anmut eine unwiderstehliche Herzensbrecherin.

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