Kritik zu Mahana – Eine Maori-Saga

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Mit seinem neuen Film kehrt Lee Tamahori nach einer zwanzigjährigen internationalen Karriere gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurück. Er hat einen Roman des »Whale Rider«-Autors Witi Ihimaera adaptiert

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Zu Beginn der 90er Jahre kamen zwei Filme aus Neuseeland in unsere Kinos, die mit Wucht dieses kleine Land auf die filmische Landkarte beförderten: »Romper Stomper« (1992) über jugendliche Rechtsradikale in Wellington und »Die letzte Kriegerin« (1994) über eine Maori-Familie in Auckland, an deren Spitze ein gewalttätiger Vater steht. »Once Were Warriors« hieß der Film im Original, und dieser Titel beinhaltete schon die pessimistische Sicht auf die in den Sechzigern geborenen Maori-Männer. Für den neuseeländischen Regiedebütanten Lee Tamahori war der Film das Sprungbrett in eine internationale Karriere; er hat den unterschätzten »Mulholland Falls« gedreht und den Bond-Film »Stirb an einem anderen Tag«.

Und wie eine James-Bond-Pretitle-Sequenz, wenn auch nicht so aufwendig, beginnt Tamahoris neuer Film, sein erster in Neuseeland in den letzten zwei Jahrzehnten: Da gibt es ein Wettrennen zwischen zwei Autokolonnen auf zwei verschiedenen Straßen. Wer zuerst die einspurige Brücke erreicht, der wird auch der Erste bei der Beerdigung sein. Denn dahin geht die Autojagd: zum Begräbnis eines weißen Farmers. Neben der puren Action etabliert Tamahori dabei lässig die großen Themen seines Films: die Feindschaft zwischen zwei Maori-Familien und ihre Lebensumstände. Die Mahanas wie die Poatas sind Schafscherer im Neuseeland der frühen 60er Jahre, an der ländlichen Ostküste der Nordinsel, darauf angewiesen, dass die weißen Farmer sie engagieren.

Im Elend leben sie aber nicht. Sicher, die Maoris sind so etwas wie Bürger zweiter Klasse, aber: Die Mahanas haben sich etabliert, bewohnen ein einigermaßen respektables Anwesen und haben ihr Auskommen. An der Spitze der Sippe steht der rüstige Großvater Tamihana Mahana, der die Arbeit verteilt, die Geschicke der Familie bestimmt und gegen den sich niemand aufzulehnen wagt. Er wird verkörpert von Temuera Morrison. Er war der Vater, Jake Heke, in »Die letzte Kriegerin«, auch er hat danach eine, wenn auch etwas bescheidenere Karriere im internationalen Film hingelegt, war etwa Jango Fett in der »Star Wars«-Saga. Dieser famose Besetzungscoup lässt »Mahana« wie eine Vorgeschichte zu »Die letzte Kriegerin« wirken, was ja auch der Entwicklung der Maori entspricht, vom Land in die Stadt.

Man nimmt diesem Tamihana Mahana ab, dass er das Beste für seine Familie will, ein hart arbeitender Mann, man merkt aber auch, dass sich sein gewalttätiger, selbstherrlicher und autoritärer Habitus überlebt hat. Sein archaisches Familienverständnis wird der Vergangenheit angehören. Temuera Morrison gelingt eine dieser übergroßen Patriarchenfiguren des Kinos (»The Patriarch« heißt der Film auch international), ein Mann, so selbstgerecht und unnahbar wie Big Daddy in »Die Katze auf dem heißen Blechdach« oder Tom Dunson in Howard Hawks' »Red River«. Überhaupt sind die Anklänge an den Western nicht zu übersehen – und das nicht nur, weil sich Tamihana Mahana meist zu Pferd und mit einem breitkrempigen Hut fortbewegt.

Auch die Rebellion gegen den vermeintlich mächtigen Patriarchen gehört zum Western, das lag in seiner Blütezeit, vor den Umwälzungen der späten Sechziger, in der Luft. Dafür ist Mahanas Enkel Simeon zuständig. Denn aus seiner Perspektive wird der Film erzählt. Er hat ein Auge auf Poppy aus dem Poata-Clan geworfen, und einmal, als er mit ihr im Kino ist, reitet einer der Poata-Söhne mit dem Pferd in den Saal. Es läuft Budd ­Boettichers Western »3:10 to Yuma«. Dafür wird der Störenfried in einem Schnellverfahren zwei Jahre Gefängnis erhalten. Wegen des Kinobesuchs kommt es auch zum Bruch im Clan: Tamihana verstößt Simeons Familie, die fortan in einem abgelegenen Haus, das der Großmutter gehört, leben muss.

Die Großmutter wird am Ende des Films auch das Familiengeheimnis enthüllen, auf dessen Spur Simeon kommt. Auf diese drei Schultern hat Lee Tamahori geschickt seinen Film verteilt, der auch vom Erwachsenwerden handelt und einen Blick auf die Maori-Kultur wirft, für den die Weißen eigentlich keine Rolle spielen.

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