Kritik zu Madame Web
Das »Spider-Man Universe« wird um nicht nur eine, sondern gleich um vier Frauenfiguren erweitert. Dakota Johnson schlüpft in die Titelrolle
Superheld:innen-Filme kann es nie genug geben. Dies zumindest die Meinung jenes Industriezweigs, der das durchkommerzialisierte Ende der großen Laufbildmaschine bildet. Und weil das so ist und weil es im Übrigen auch höchste Zeit ist, dass Spinnensuperkräfte geschlechtergerecht verteilt werden, bekommen wir es nun mit »Madame Web« zu tun, einem Neuzugang im sogenannten »Sony's Spider-Man Universe«, abgekürzt SSU.
Madame Web heißt in Wirklichkeit (nomen est omen) Cassandra Webb und heizt als Sanitäterin mit dem Rettungswagen in Manhattan herum. Ist kein Notfall in Sicht, wird sie selbst zu einem, denn sie ist als Waise aufgewachsen und ihre sozialen Fähigkeiten lassen stark zu wünschen übrig. Dementsprechend zögerlich reagiert sie auch auf plötzlich sich einstellende Déjà-vus, die sich als sekundenkurze Einblicke in die Zukunft entpuppen. Eine dieser Visionen zeigt jene drei Mädels, mit denen sie gerade im Vorortzug sitzt, in Lebensgefahr; instinktiv tut sie, was eine Lady ihrer Profession nun mal tut: Sie rettet den dreien das Leben. Fortan sind sie zu viert auf der Flucht vor einem Bösewicht, der zwar kopfüber an der Decke herumlaufen kann, bei dem es sich aber tunlichst nicht um Spider-Man handelt.
Sie merken schon, S. J. Clarkson, die bis dato Fernsehserien inszeniert hat, erzählt hier eine »Origin-Story«; also eine von diesen Geschichten, in denen es ums Woher und Warum eines bestimmten Superhelden geht. Wie kam es demnach zu Madame Web, die erstmals im November 1980 in »The Amazing Spider-Man« #210 das Licht der Comic-Welt erblickte? Damals war sie übrigens blind, eher ältlich und auf lebenserhaltende Maßnahmen angewiesen, die in Gestalt von netzähnlich angeordneten Schläuchen um sie herum- und aus ihr heraushingen. Ein Schicksal, das nun perspektivisch auf Dakota Johnson lauert, die in der filmischen Adaption den Part der Spinnen-Madame übernommen hat.
Aber erst mal muss natürlich dieses Abenteuer bestanden werden. Mit den geretteten, unfreiwillig rekrutierten Spider-Women in spe hat Cassandra nämlich drei so richtig schlimme Teenie-Gören an der Backe, die Plastikmüll in den Wald schmeißen, auf Tischen tanzen, das Gegenteil von dem tun, was sie sagt, und auch sonst kein Verantwortungsgefühl kennen. Dabei weiß Jede, die es schon einmal mit einer derartigen übermenschlichen Befähigung, und sei es auch nur in Spider-Man, zu tun bekommen hat, dass mit großer Kraft auch große Verantwortung einhergeht. Wobei umgekehrt ein genauso passender Schuh draus wird; was hier dann sinngemäß heißt: Wer große Verantwortung übernimmt, dem erwächst auch große Kraft.
Nichts Neues unter der Sonne also. Und weil Webb diese Déjà-vus hat, sehen wir einige Szenen sogar doppelt und dreifach; dabei waren die beim ersten Mal schon wenig interessant, weil in dieser oder ähnlicher Form aus zahlreichen anderen Superheld:innen-Filmen sattsam bekannt.
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