Kritik zu Macho Man
Ein Weichei übt archaisches Machoverhalten ein, um seine Angebetete zu gewinnen: deutsche Komödie nach dem Bestseller von Moritz Netenjakob
Daniel (Christian Ulmen) entwirft Kampagnen für eine Werbeagentur. Als Profi weiß er, wie man koffeinfreien Kaffee so schmackhaft macht, dass die Zielgruppe glaubt, er habe doch Koffein. Nur eins kann er nicht: sich selbst dem anderen Geschlecht schmackhaft machen. Daniel ist nämlich ein von Alt-68ern erzogener Frauenversteher. Ausgerechnet in dieses Weichei verliebt sich die deutsch-türkische Animateurin Aylin (Aylin Tezel). Das Kulturclash-Problem ist unvermeidlich.
Nein, das ist nicht die Neuverfilmung von »Meine verrückte türkische Hochzeit« aus dem Jahr 2006, sondern die Adaption von Moritz Netenjakobs gleichnamiger Buchvorlage von 2009. Ein »Comedy-Roman«, der es auf die »Spiegel«-Bestsellerliste schaffte. Dass die Kinoadaption an diesen kommerziellen Erfolg anknüpft, darf leise angezweifelt werden, obwohl der Autor selbst am Drehbuch partizipierte. Man muss Geduld aufbringen, bis die Geschichte wenigstens etwas Fahrt aufnimmt. Als er die in Köln lebende Großfamilie seiner Angebeteten kennenlernt, in deren Umfeld die Männer einem Machismo-Verhaltenskodex zu gehorchen scheinen, hat Daniel das dringende Bedürfnis, sich diesem archaisch-orientalischen Männerbild anzuverwandeln. Aylins Bruder Cem (Dar Salim) gibt ihm Türkisch für Anfänger, mit ungeahntem Erfolg. Schon bald geriert der getürkte Türke sich wie ein ganzer Kerl. Nur Aylin ist nicht amüsiert: Kommt einem das nicht auch bekannt vor?
»Macho Man« versucht, klischeehafte Vorurteile gegenüber Türken durch den Kakao zu ziehen. Von wegen Islam und Religion. Der türkische Machismo wird vergnügt als latente Homosexualität entlarvt. Und das Kopftuchaschenputtel entpuppt sich bald als Discoqueen. Der Film will zeigen, dass Deutschtürken und Deutsche letztlich gar nicht so unterschiedlich sind. Die Kluft zwischen den Kulturen schwindet, wenn man nur genau hinschaut. Das macht der Film aber nur bedingt. Wenn man sich etwa daran erinnert, wie präzise Feo Aladag in ihrem erschütternden Drama »Die Fremde« von 2010 das Thema ausleuchtete, dann kann man über »Macho Man« nicht mehr ganz so ausgelassen lachen.
Das liegt auch an handwerklichen Defiziten. Christof Wahl, bekannt für seine Kameraarbeit, zeigt in seinem Debüt wenig Gespür für Timing und Rhythmus. Unter seiner Regie agiert Christian Ulmen – der das gleiche Thema in »Maria, ihm schmeckt’s nicht« schon auf Italienisch durchkaute – eher routiniert. Aylin Tezel, schön wie eine Prinzessin aus 1001 Nacht, wird mit Close-ups gefeiert. In der Schlüsselszene macht Daniel seiner Angebeteten im leeren Fußballstadion des 1. FC Köln einen Antrag. Dazu taucht in seinem Kinodebüt das Kölner Urgestein Lukas Podolski auf. In Brasilien spielte er so gut wie gar nicht, trägt hier aber lässig den WM-Pokal im Rucksack. Ein Auftritt, der das Gefühl von Fremdschämen auslöst. »Macho Man« ist nicht gerade eine Neuerfindung der deutsch-türkischen Liebesgeschichte. Den einschlägigen Kulturclash hat man in anderen Komödien schon zugespitzter gesehen.
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