Kritik zu Love and other Drugs – Nebenwirkung inklusive
Im neuen Film von Edward Zwick verliebt sich Jake Gyllenhaal als aalglatter Pharmavertreter in die sterbenskranke Anne Hathaway – und siehe da, es bleibt etwas Gutmenschentum hängen
Die Filme von Edward Zwick sind immer ein bisschen wie ein Versprechen, das dann nicht eingehalten wird. Von dem Terrorismusthriller »Ausnahmezustand« über die Westernparaphrase »Last Samurai« bis hin zu dem Abenteuerdrama »Blood Diamond« sucht er sich stets hochspannende Themen, treibt ihnen dann aber bei der Umsetzung sämtliche Widersprüche aus und glättet jede Brisanz zu einer moralisierenden Heldengeschichte. Bei seinem neuen Film »Love and other Drugs« zeigt sich diese Trivialisierung so deutlich wie nie zuvor. Der Film basiert auf den Memoiren von Jamie Reider, der in den 90er Jahren für einen Pharmakonzern als Viagraverteter tätig war. In seinem Bestseller »Hard Sell: The Evolution of a Viagra Salesman« deckte er unter anderem die Praktiken der Pharmaindustrie auf, wenn es darum geht, ihre Produkte den verschreibenden Ärzten »schmackhaft« zu machen. Im Film wird Reiders Alter Ego namens Jamie Randall von Jake Gyllenhaal als oberflächlicher Frauenheld gespielt, den eine unheilvolle Mischung aus Selbsthass und Selbstverliebtheit antreibt. Seinen Aufstieg vom Verlierertyp zum Superstar der Pharmaverteterszene zeigt Zwick zunächst als amüsant überspitzte Satire. Der Kampf der »Salesmen« um jeden Kunden ist als Mischung von David Mamets »Glengarry Glen Ross« und Jason Reitmans »Thank You for Smoking« inszeniert – allerdings ohne Mamets Kaltschnäuzigkeit oder Reitmans Biss zu erreichen. Mit seinem jungenhaften Charme überspielt Gyllenhaal sämtliche moralischen Abgründe, die sich angesichts seiner Verkaufsmethoden auftun könnten. Irgendwie ist dann doch alles nicht so schlimm gemeint.
Trotzdem muss ein Instrument her, um die Wandlung der Hauptfigur vom Erfolgszum Gutmenschen in Gang zu setzen: Jamie verliebt sich in die schöne, junge Künstlerin Maggie (hervorragend: Anne Hathaway), die sich allerdings auf keine feste Beziehung einlassen will. Denn Maggie leidet an Parkinson und sie möchte keinem Mann durch ihre fortschreitende Demenz zur Last fallen. Diese melodramatische Wendung der Geschichte, von Zwick mit durchaus effektivem Druck auf die Tränendrüse inszeniert, bildet einen eigentümlich krassen Gegensatz zu der zotig-humoristischen Viagraverteter-Story, die immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Bis man erkennt, worauf der Regisseur hinauswill: Nicht nur wird einmal mehr eine schwer kranke Frau dazu degradiert, einen zynischen Mann zu läutern, Zwick holt gleich zum Rundumschlag gegen eine pathologisch sexualisierte Gesellschaft aus. Keine einzige Figur, die nicht heillos sexfixiert ist – von der schnellen Nummer im Lagerraum bis zur Orgie in einer postmodernen Luxusvilla spielt Zwick sämtliche Varianten sexueller Ausschweifungen durch. Die Strafe folgt dabei meist auf dem Fuß. Erst mit der Liebe gewinnt auch die körperliche Lust zwischen Jamie und Maggie an Wert. Sex, das hat vor wenigen Wochen ja auch Benedikt XVI. gemahnt, ist für viele Menschen nur noch eine »Droge, die sie sich selbst verabreichen«. So gesehen hat Zwick mit »Love and other Drugs« den Film zum Papstzitat gedreht. Und so befremdlich sein Gesellschaftsbild auch sein mag – das gab es noch nicht.
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