Kritik zu Lisa Frankenstein
In Zelda Williams' Regiedebüt himmelt eine traumatisierte Teenagerin einen lang verstorbenen Jüngling an – der, in einer Gewitternacht zum Leben erweckt, ihr zu folgen beginnt
Seitdem ihre Mutter von einem Einbrecher mit einer Axt ermordet wurde, ist Lisa eine Außenseiterin. Viel Zeit verbringt sie auf einem alten Friedhof im Wald, wo es ihr besonders die Skulptur eines jung (und unverheiratet) verstorbenen Burschen angetan hat. Der sieht so hübsch traurig aus, so melancholisch, so seelenverwandt vom Weltschmerz umfangen – und stellt also genau das passende Ziel dar für mädchenhaft platonisches Anhimmeln. Bis eines Nachts ein mächtiges Gewitter tobt, der Blitz ins Grab des Unbekannten einschlägt, selbiger erwacht und sich aufmacht, die ihm zugeneigte Besucherin nun seinerseits heimzusuchen. Da er nur leider bereits etwas länger unter der Erde lag, fehlen ihm Ohr, Hand und Penis, Körperteile mithin, die der Mann zur Kommunikation respektive zur (romantischen) Liebe benötigt. Und schon machen sich die beiden daran, das Fehlende zu beschaffen und anschließend nach guter alter Frankenstein-Manier dem Jünglingskörper anzugliedern.
Dies der etwas verkürzte Handlungsabriss von »Lisa Frankenstein«, mit dem die Schauspielerin Zelda Williams (Tochter von Robin) ihr Debüt als Regisseurin eines Langfilms gibt. Man staunt und wundert sich. Noch erstaunlicher, dass es sich bei der Drehbuchautorin von »Lisa Frankenstein« um Diablo Cody handelt, die immerhin mal einen Oscar gewonnen hat. 2008 war das, für »Juno«, verfilmt von Jason Reitman. 2009 folgte dann das Drehbuch zu »Jennifer's Body«, in dem der uralte Horrorfilm-Topos vom Mädchen, das seine sexuelle Aktivität mit dem Leben bezahlt, subversiv unterwandert wird. Flott und mit viel Witz von Karyn Kusama in Szene gesetzt, fiel der Film seinerzeit durch, ist inzwischen jedoch als eine Art Kultfilm längst rehabilitiert.
Auch »Lisa Frankenstein« wäre offenbar gerne eine Gruselkomödie, nur ist die Verknüpfung von Gelächter und Grauen halt ein ziemlich schwieriges Unterfangen und mit der unmotivierten Aneinanderreihung hysterisch überdrehter Abstrusitäten ist es bei weitem nicht getan. Dass zudem die Regie ebenso bleifüßig wie richtungslos daherstolpert, als wäre sie Frankensteins Monster höchstselbst, macht die Sache nicht besser. Und vollends in der Liga vertut sich der Film mit seinen Reminiszenzen an Tim Burtons »Edward Scissorhands«, eine der großen Suburbia-Albtraum-Fantasien. Hingegen verliert sich hier Cole Sprouses wiederauferstandener Junggeselle in den Fußstapfen von Johnny Depps Scherenmann und Kathryn Newton kann als Lisa der aus »Sweeney Todd« herübergeschneiten Helena Bonham Carter im Gothic-Modus in keinem Moment das Wasser reichen.
Irgendwo in den ganzen Turbulenzen steckt eine Satire über sattsam bekannte Probleme des Heranwachsens, über Gefühle der Entfremdung und der Unzugehörigkeit, über sexuelles Erwachen und Begehren außerhalb der Norm, über pubertäre Schwärmerei und hormonelle Raserei. Doch geht es dieser Satire wie dem umzingelten Witz: Sie kommt nicht raus.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns