Kritik zu L'Amour
Eine junge Prostituierte trifft auf einen antriebsloser und tölpelhafter Jüngling. Die beiden begegnen sich im winterlich-eisigen Berlin und begeben sich in Philip Grönings exaltiertem Road Movie auf eine Reise über Duisburg nach Paris
Der Hund heißt Kurt, und die Liebe heißt französisch-romantisch "l'amour". Kurt ist das offenkundige Verhängnis dieses Films, denn er spielt, wie Regisseur Philip Gröning zutreffend sagt, die "heimliche Hauptrolle". Aber Kurt ist nicht abendfüllend - auch wenn die Kamera gern auf seine Augenhöhe abtaucht. Genauer gesagt: seine penetrante Anwesenheit nervt zunehmend. Man ahnt, dass er so etwas wie der stumme Kommentator des Geschehens sein soll. Aber dieser Einfall ist so halbgar, verquollen und prätenziös wie das meiste in L'Amour. Jedenfalls schenkt die Kamera Kurt mehr Aufmerksamkeit als den beiden Hauptdarstellern. Was schade ist, denn Sabine Timoteo und Florian Stettner sind zwei wunderbare Schauspieler. Zuletzt konnte man sie in Dominik Grafs Fernsehfilm "Die Freunde der Freunde" bewundern. Hier dürfen sie sich nun ein wenig exzentrisch gebärden.
Sabine Timoteo ist Marie, eine junge Prostituierte auf dem Straßenstrich, Florian Stettner ist David, ein antriebsloser und tölpelhafter Jüngling. Die beiden begegnen sich im winterlich-eisigen Berlin und begeben sich Hals über Kopf auf eine verschlungene Amour-fou-Roadmovie-Reise, die über Duisburg nach Paris und schließlich an die Atlantik-Küste führt. Sie streiten sich, verlieren sich, finden sich wieder. Ihr Dilemma: irgendwie lieben sie sich, aber sie haben keine Idee, wie Marie anders denn als Prostituierte ihren Lebensunterhalt verdienen könnte. Bedauerlicher Konflikt zwischen Liebes- und Geldbedürfnis.
Warum kann die Kamera den beiden Akteuren nicht wirklich in die Augen schauen? Warum sind deren Gesichter immer verschattet, verdeckt, flüchtig abgewendet? Weil der Film seinen Figuren nicht wirklich vertraut. Weil die Figuren nur windige Konstrukte sind: ohne Kontur, ohne Haltung, ohne Ideen, ohne Schicksal. Sie haben weder sozialen Raum noch Traumqualität. Schemenhafte Wesen, die aus plötzlichen Launen heraus handeln und das für spontan-mutig halten.
So bleibt dem Film nichts als einen Manierismus der launenhaften Exaltiertheit und der gespreizten Außenseiter-Posen zu zelebrieren, mit allerlei Handkamera-Nervosität, Zeitraffer- und Mehrfachbelichtungs-Schnickschnack. Was nicht abendfüllend ist. Genauer gesagt: Es nervt zunehmend.
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