Kritik zu König des Comics
Untertourig und überraschend diskret: Rosa von Praunheim drehte eine Hommage zum fünfzigsten Geburtstag des Comiczeichners Ralf König, der mit dem Bewegten Mann auch im Kino zum Begriff wurde
Eine Filmbiografie über den nun 50-jährigen Ralf König König des Comics zu nennen, ist ein ziemlich faules Wortspiel, aber wahrscheinlich stimmt es sogar. Vor Walter Moers und Brösels »Werner« haben Ralf Königs Knollennasenmännchen in den letzten 25 Jahren die größte Breitenwirkung entfaltet. Königs Comics machten ihn, unverhofft, zum Pionier und Kommentator des Schwulenaufbruchs. Zugleich spiegelten die Beziehungswirren seiner Antihelden zunehmend auch die alltäglichen Erfahrungen von »Heten« und insbesondere »Quarktaschen« wider. König, der als Schreinerlehrling aus einem westfälischen Dorf nach Dortmund floh, wurde mit seinen Zeichnungen sofort an der Düsseldorfer Kunstakademie angenommen und schaffte mit der Rowohlt-Veröffentlichung seines Comics »Der bewegte Mann« 1987 den Sprung von der Subkultur in die erste Liga: der rechte Mann zu rechten Zeit. Die von ihm nicht besonders gemochte Verfilmung 1994 machte ihn vollends zum Überflieger.
Doch wie Königs Zeichnungen, in denen das menschliche Drama durch einen liebevollen und zugleich mokanten Blick aufs eigene Milieu zum Dramolett verkleinert wird, ist auch die Tonart von Rosa von Praunheims Hommage untertourig. Praunheim selbst hat bei Ralf König einen riesigen Stein im Brett, seit König als Teenager mit der Lektüre von Praunheims autobiografischem Roman »Sex und Karriere« den Mut zu seinem Coming-out fand. Mit einem hübschen Vermittlungstrick wird Königs eigene Vorreiterposition deutlich, wenn er sich von einem eigens angereisten Schweizer Fan zu Hause befragen lässt. »Du hast genau das gezeichnet, was ich als Jugendlicher gefühlt habe«, schwärmt der Schweizer. Tatsächlich liegt wohl darin, neben dem Witz der Beobachtung, der Hauptgrund von Königs ersten Erfolgen. Wie Claire Bretécher und einst Jean-Marc Reiser sagt er in seinen autobiografisch gefärbten Comics unerbittlich die Wahrheit. Ob Coming-out oder koitale Pannen – König lässt im übertragenen und wörtlichen Sinn die Hosen runter.
Im Gegensatz zum obszönen Exhibitionismus vieler Comics, der ihn oft genug in Konflikt mit der Staatsanwaltschaft brachte, erweist sich der Zeichner privat als introvertiert und diskret. Mehr etwa als ein »es gab Ärger mit meinem Vater« lässt er sich nicht entlocken. Diese Bravheit täuscht jedoch, wie er mit der Veröffentlichung seiner »Dschinn Dschinn«-Comicbücher bewies, die aus der Empörung über den sogenannten Karikaturenstreit entstanden. König, auch hier ehrlich, sagt, dass er in Bezug auf den Islam »vorsichtiger geworden ist« und findet den Kniefall vor Islamisten »ungeheuerlich«.
Die 80 Minuten kurze Dokumentation hütet sich davor, tiefer zu schürfen und die Atmosphäre angenehmen Plauderns zu verlassen. Dennoch vermittelt das unprätentiöse Porträt nicht nur ein Stück jüngste deutsche Sitten- und Kulturgeschichte. Es gewährt auch Einblick in das Selbstverständnis eines Kreativen, der es geschafft hat, Sigmund Freuds sogenanntes »Mittelelend« der Existenz in eingängige Bildergeschichten zu transportieren, die bereits zu Klassikern gezählt werden können.
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