Kritik zu Kleine Verbrechen
Ein Dorfpolizist auf den Spuren eines wirklichen oder nur vermeintlichen Verbrechens. Auch im burlesken Humor versucht sich der Gendarm von Thirassia
Auf der Kraterinsel Thirassia ist es ziemlich genau so, wie sich der durchschnittliche Hellenophile Griechenland wünscht und vorstellt. Staubige Landstraßen zwischen Macchia-Gestrüpp und Miniatur-Ikonostasen am Wegesrand. Maultierkarawanen, um die – wenigen – Touristen den Steilhang hoch zu schleppen. Ein weißgekalktes Städtchen hoch über den Klippen. Und ein junger Dorfpolizist, der mangels anderer Zwischenfälle auf seinem blau-weißen Moped Autofahrer erschreckt und Nudisten spannt.
Doch Leonidas ist mit der Idylle gar nicht glücklich und würde lieber in Athen auf Verbrecherjagd gehen, die Versetzung ist schon beantragt. Dann liegt eines Morgens eine echte Leiche unten am Klippengrund und muss mit einer klapprigen Seilwinde auf Leonidas Rücken hochbugsiert werden, bevor sie in der Kühltruhe des Kafenions zwischengelagert wird. Der Tote ist Zacharias, ein älterer Dorfbewohner. Schon bald hat jeder im Dorf seine eigene Version vom tödlichen Unfall, was in kleinen rückblendenden Wie-könntees- gewesen-sein-Schnörkeln à la Rashomon bebildert wird. Nur der junge Polizist ist felsenfest überzeugt, dass Zacharias gewaltsam ums Leben gekommen sein muss und beginnt auf eigene Faust zu recherchieren. Und ein paar Dinge sind wirklich mysteriös: Warum stehen die Schuhe des Toten säuberlich abgestellt am Wegesrand? Was hat die frömmelnde Matrone mit dem Todesfall zu tun? Und wieso starb Zacharias mit einem Lächeln?
Regisseur Christos Georgiou, 1966 in London geboren und in Zypern aufgewachsen, hat das Regiehandwerk in Großbritannien und an der Filmhochschule von Lodz in Polen erlernt. »Unter den Sternen«, ein Roadmovie, das sich mit einem zurückgekehrten Exil-Zyprioten in Richtung Heimatdorf durch das geteilte Land begibt, gewann 2001 den Prix de Montreal. Ums Fortgehen geht es auch jetzt, parallel zu Leonidas Absetzbewegung hat nämlich auch der tote Zacharias früher einmal die Heimatinsel gen Australien verlassen. Und dann gibt es noch die »wunderschöne Angeliki« (Presseheft), die es als Moderatorin in eine Fernsehshow der Hauptstadt geschafft hat und nun bei einem Heimaturlaub von der Dorfgemeinschaft gefeiert wird und außerdem – wen überrascht's – zu Leonidas' Begehrensobjekt werden darf. Nicht nur in Liebesdingen bietet die in fernsehgerechter Ästhetik produzierte Komödie recht vorhersehbare Plotverwicklungen: Auch die Tatsache, dass in Leonidas' Recherchen irgendwann die Baulandgewinnung für einen – herrlich überzeichneten – Touristenvergnügungspark als Motiv einen Stellenwert bekommt, kann Fernsehspielvertraute wenig überraschen. Nur die gewaltsame Aufklärung am Ende kommt dann doch wie aus heiterem Himmel. Mit einigem Wohlwollen (und den burlesken Humor positiv angerechnet) ließen sich die vielen narrativen Standardsituationen vielleicht auch als persiflierendes »Spiel mit Genremustern « verstehen, ebenso wie das touristische Griechenlandbild, Sirtaki im Strandcafé eingeschlossen. Und eine richtig bodenständige Botschaft gibt es auch.
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