Kritik zu Kill Your Darlings

© Neue Visionen/Koch Media

Das Kinodebüt des jungen amerikanischen Regisseurs John Krokidas zeigt die Beatgeneration, bevor sie ihren Namen hatte: die wilden Tage eines Aufbruchs, der in einem seinerzeit skandalösen und bis heute nicht ganz geklärten Tod gipfelte

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 4)

Nein, Daniel Radcliffe ist nicht mehr Harry Potter. Selbst wenn der Versuch, die Figur abzustreifen, mit »Die Frau in Schwarz« gründlich misslang – jetzt ist es so weit. In dem Kinodebüt von John Krokidas ist Radcliffe Allen Ginsberg, Student, 17 Jahre alt, literarisch interessiert und Sohn eines Arbeiterdichters, der nur deshalb den Reim verwendet, so vermutet Allen, weil es dann einfacher ist, Gedichte zu schreiben. Ginsberg steht eher in der Nachfolge von Walt Whitman, was an der traditionsbewussten Columbia Universität nicht so gern gesehen ist. Erster Widerstand regt sich in Allen, und er findet in dem rätselhaft durchtriebenen Lucien Carr (Dane DeHaan) einen Verbündeten. Durch ihn wird er den fast doppelt so alten William S. Burroughs (Ben Foster) und später auch Jack Kerouac (Jack Huston) kennenlernen. Die drei werden als die Autoren der Beatgeneration in die Geschichte eingehen und Allen Ginsberg, der hier gerade der Uni verwiesen wird, als einer der bedeutendsten Poeten des 20. Jahrhunderts.

Das allerdings interessiert den Film nicht mehr. Und er tut gut daran, sich nicht mal in Anspielungen oder versteckten Hinweisen auf Werke wie »Naked Lunch«, »On the Road« oder »Howl« zu beziehen. Sein Fokus liegt auf den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs und endet mit dem Tag, an dem Lucien Carr seinen Freund, ehemaligen Geliebten und Mentor Dave Kammerer (Michael C. Hall) im Riverside Park im Nordwesten von Manhattan tötete.

»Und die Nilpferde kochten in ihren Becken« heißt der Roman, in dem Jack Kerouac und William S. Burroughs die Tat verarbeiteten. Allen Ginsberg widmete sein Gedicht »Howl« Lucien Carr. Carr jedoch, der später als Lektor bei United Press International ­arbeitete, setzte alles daran, seine Verbindungen zur Beat-Generation zu tilgen. Er wollte nicht mit dem Buch in Verbindung gebracht werden und ließ seinen Namen aus der Widmung von »Howl« streichen. Auch das erwähnt der Film nur im Abspann. Denn weder das Verbrechen noch die Basis einer Autorschaft ist das primäre Interesse des Films, sondern die persönliche Entwicklung eines homosexuellen Studenten in der Zeit des Umbruchs.

»Kill Your Darlings« ist sowohl eine Coming-of-Age-Geschichte wie auch die Zustandsbestimmung einer ganzen Generation nach dem Zweiten Weltkrieg. Das erklärt auch, warum sich der Film etwas zurückhält, wenn es um das Rauschhafte dieser Zeit geht, um den legendären Drogen- und Medikamentenmissbrauch. Der Film spielt vorwiegend in Innenräumen, legt Wert auf Ausstattung und schafft es so ohne großen Aufwand, eine spezifische Zeit auf die Leinwand zu holen. Mit Sorgfalt schildert er die familiären Bedingungen: William S. Burroughs ist ein reicher Erbe, der von dem Geld seines Vaters lebt, Jack Kerouac versucht gerade, den engen Familienbanden zu entkommen, und Ginsberg hängt an seiner psychisch kranken Mutter (sehr überzeugend gespielt von Kyra Sedgwick).

Vielleicht etwas zu brav inszeniert, wird »Kill Your Darlings« dem Anspruch gerecht, die Wurzeln der Beatgeneration zu zeigen und deren revolutionäre »New Vision« angemessen zu bebildern.

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