Kritik zu Kick-Ass 2
Wie wär's, wenn wir einfach so tun, als wären wir Superhelden? Im Sequel der umstrittenen Superheldensatire folgt Jeff Wadlow Matthew Vaughn im Regiestuhl und versucht ansonsten wie üblich, in allem den ersten Teil zu überbieten
Es ist letztlich einfach eine konsequent zu Ende gedachte Nerdfantasie: Was passiert, wenn Comicfans sich Superheldenkostüme schneidern und auf Verbrecherjagd gehen? Sie kassieren ordentlich Prügel. Auch die Fortsetzung der bitterbösen Superheldenparodie »Kick-Ass« verspottet genüsslich die Allmachtsfantasien der juvenilen Fans. John Romita Junior, der Zeichner der »Kick-Ass«-Comicvorlage, ist der Sohn von John Romita Senior, dem stilprägenden »Spider-Man«-Zeichner der 60er Jahre. »Mit großer Macht kommt große Verantwortung«, heißt es voller Pathos im stets jugendfreien Marvel-Universum um Spider-Man. Mit dieser Verantwortung können die pubertierenden Protagonisten Dave Lizewski alias Kick-Ass und Mindy Macready alias Hit-Girl in dem Sequel »Kick-Ass 2« noch immer nicht umgehen. Mit seinen zwiespältigen Heldenfiguren und der expliziten Gewaltdarstellung sind die »Kick-Ass«-Comics denn auch als eine Art politisch unkorrekter Auflehnung (der titelgebende Tritt in den Hintern) gegen übergroße Comiclegenden wie Romita Senior zu verstehen.
In der formgerechten Filmadaption »Kick-Ass 2« schlittern Dave (Aaron Taylor-Johnson) und Mindy (Chloë Grace Moretz) unversehens in einen sinnlos drastischen Rachefeldzug gegen Chris D'Amico alias Red Mist (Christopher Mintz-Plasse), den verwöhnten Sohn des getöteten Drogenbarons aus Teil 1, der sich nun, in ein lächerliches Bondage-Kostüm gezwängt, Motherfucker nennt. Verstärkung bekommen Kick-Ass und Hit-Girl von dem militanten Nationalisten Colonel Stars and Stripes (abgründig dargestellt von Jim Carrey), der eine Vereinigung von Möchtegernsuperhelden mit dem Namen Justice Forever anführt. Die eigentliche Hauptfigur des Films ist diesmal nicht Kick-Ass selbst, sondern das quirlige Teeniemädchen Hit-Girl. Nach dem gewaltsamen Tod ihres Superheldenvaters Big Daddy im ersten Film gibt sich das bislang immer gewaltbereite Martial-Arts-Girl geläutert und geht wieder brav zur Schule. Doch die Integration in die Klassengemeinschaft und die angestrebte Metamorphose in eine niedliche Barbie schlägt gehörig fehl.
»Kick-Ass 2« leidet unter dem »Problem«, das vielen Sequels eigen ist: Man geht auf Nummer sicher und will dem Publikum all das bieten, was den ersten Teil ausgezeichnet hat, nur möglichst noch schneller, lauter und härter. Mehr erniedrigte Supernerds, noch mehr minderbemittelte Bösewichte, schonungslosere Gewalt in den Actionszenen. Das ist wenig originell, führt im Fall von »Kick-Ass 2« aber zu einem auf die Spitze getriebenen Zynismus, den man so nicht oft im Mainstreamkino vorfindet. Eine Tatsache, die Jim Carrey dazu bewogen hat, sich nach der folgenschweren Schießerei an der amerikanischen Sandy Hook Grundschule in Newtown im Dezember 2012 von dem Film zu distanzieren: »Ich habe den Film einen Monat vor Sandy Hook gemacht und kann das Gewalt-Level nun nicht mehr guten Gewissens unterstützen. Ich schäme mich nicht dafür, aber die jüngsten Ereignisse haben zu einer Veränderung in meinem Herzen geführt.«
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