Kritik zu Kaddisch für einen Freund

© Farbfilm

2012
Original-Titel: 
Kaddisch für einen Freund
Filmstart in Deutschland: 
15.03.2012
L: 
94 Min
FSK: 
12

Stellvertreterkrieg im Kreuzberger Kiez: In Gestalt des jungen Palästinensers Ali und des alten Juden Alexander begegnen sich die wechselseitigen Vorurteile des Nahostkonflikts

Bewertung: 2
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Das Feindbild des 14-jährigen Ali ist klar: Es sind die Juden, die den Palästinensern ihr Land weggenommen haben, dafür gilt es Rache zu nehmen. Da spielt es auch keine Rolle, dass der 84-jährige Alexander, der über der neu bezogenen Wohnung von Alis Familie in Kreuzberg lebt, kein Israeli, sondern ein russischer Jude und Veteran der Roten Armee ist. Der Einbruch in Alexanders Wohnung und die Zerstörungsorgie, die Ali mit seiner Clique anrichtet, verschärfen nicht nur die Probleme Alis und seiner von Abschiebung bedrohten Familie, sondern auch die Lage Alexanders. Der nämlich soll wegen angeblich drohender Verwahrlosung in ein Seniorenheim gebracht werden. Alexander sieht eine Chance, dies zu verhindern – wenn Ali ihm als Buße die Wohnung renoviert . . .

Der deutsch-russische Regisseur Leo Khasin, der auch das Drehbuch geschrieben hat, lädt die Story seines ersten Langspielfilms mit zahlreichen Konflikten auf: Alis Coming-of-Age wird kombiniert mit der Situation alter Menschen und der von arbeitslosen jugendlichen Migranten in einem Multikulti-Kiez, den Khasin als Graffiti-Pittoreske ausstaffiert, das Ganze überlagert mit allen denkbaren Vorurteilen, die die Bewohner des Viertels mit sich herumtragen. Der Film ist am eindrucksvollsten da, wo er sich kammerspielartig auf die zögerliche Annäherung der beiden Protagonisten konzentriert. Neil Belakhdar als Ali meistert die Rolle eines Pubertierenden, der zwischen gegensätzlichen Anforderungen aufgerieben zu werden droht. Der polnische Schauspieler Ryszard Ronczewski (in Robert Talheims Am Ende kommen Touristen als KZ-Häftling Krzeminski zu sehen) gibt seine Rolle als eine nicht minder widerspruchsvolle und vorurteilsbehaftete Figur, die an der Last der Vergangenheit wie an den Zumutungen der Gegenwart trägt.

Die Figuren im Umfeld dieses Paars, ob Sozialarbeiterin, Jugendbande oder Polizei, geraten allerdings sehr stereotyp. Vor allem aber ist die Geschichte in ihrer allzu pädagogischen Anlage wie in ihrer sympathischen Moral alsbald vorhersehbar.

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