Kritik zu Jersey Girl
Das Glück der kleinen Leute
Kevin Smith, die nach Clerks ins Trudeln geratene Independent-Ikone, ist nach der Geburt seines Sohnes auf eine schlechte Idee gekommen: Umnebelt vor Rührung angesichts von Baby und sorgender Mutter, imaginierte er den Tod seiner liebenden Ehefrau bei der Geburt und die möglichen Folgen für ihn, den untröstlichen Vater. Ja, und das hat er dann gleich aufgeschrieben und leider auch genau so mit Jennifer Lopez und ihrem damaligen Verlobten Ben Affleck verfilmt. Dass das als "Bennifer" verspottete Paar mit Gigi zur Lachnummer des Flopkinos wurde, dafür kann Kevin Smith selbstredend nichts, aber dass nach JLo's frühem Filmtod die eigentliche Katastrophe erst beginnt, dafür umso mehr. Seinen geschlagenen Helden nennt er Ollie Trinke (sprich Trinki) dessen Frau und das gemeinsame Kind wie die Ente in Jules Vernes "Reise zum Mittelpunkt der Erde": Gertrud, also Gerti (sprich Görti) Trinki.
Bei der Entfaltung des biederen Plots wird man den Eindruck nicht los, dies könne irgendwann mal irgendwem passiert sein und wenn die wahren Teile drohten interessant zu werden, hat der Autorenfilmer Smith noch schnell eine langweilige Pointe dazuerfunden. Olli also ist ein cooler übermotivierter PR- Mann, der von Madonna bis Will Smith alles von Platinstatus betreut. Seinen Kummer ertränkt er in Überstunden, das plärrende Baby parkt er beim alkoholkranken (!) wenngleich liebenswerten Papa in Jersey, bis der streikt und der smarte Sohn das Balg zu einem Pressetermin mitnehmen muss. Und Haha! Olli kann keine Windeln wechseln, weswegen er Bruha! sich mit Kot und Puder beschmiert, bis er Auweia! den Gig versaut, seine Stelle verliert und zu Papa und Baby in die Provinz zieht und Arbeiter wird. Ein Zeitsprung um sechs Jahre steigert die Peinlichkeitsrevue aufs possierliche "Kindermund"- Niveau, sofern Smith sich und seine väterliche Rührung nicht im Rahmen eines Nebenplots um eine scharfe Videotheken-Bedienung hinter Selbstzitaten verschanzt. Da geht es dann auch mal ums huuh! Ficken, nur gesagt, nicht getan natürlich, auch mit Liv Tyler (!) nicht, die ganzen sechs Jahre nämlich nicht.
Vielleicht will er deswegen weg vom Straßenbau in der Kleinstadt und zurück zur Promi-PR nach Manhattan, aber dann trifft er Will Smith, den man übrigens, wie man das mit den Will Smiths dieser Welt so macht, im öffentlichen Warteraum der Agentur platziert hat. Ja, und weil der ihm sagt, Kinder sind das Wichtigste, rast Olli Trinki zurück zu Gerti nach Jersi und singt mit ihr ein Lied auf dem Schulfest. Ist das ernst gemeint? Es steht zu befürchten. Mag Vilmos Zsigmonds Kamera noch so weiche Bilder finden, mag Ben Affleck sich noch so wacker schlagen und mag Kevin Smith der begabte Filmemacher sein, für den ihn einige hielten, dies moralisch so reaktionäre wie filmisch missratene Plädoyer für das kleine Glück der einfachen Leute entlarvt die Hipster der Neunziger als die Spießer von heute.
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