Kritik zu Jackpot – Vier Nieten landen einen Treffer

Nichts Neues aus Norwegen: Magnus Martens' schwarze Loser-Komödie ­bietet mittlere Unterhaltung, die allzu oft an größere Vorbilder erinnert

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)
Es ist das alte Spiel: Der eine fragt – mal forschend, mal säuselnd, mal drohend; und der andere antwortet – mal ausführlich, mal ausweichend, mal widersprüchlich. Ein zähes Ringen um die Wahrheit. Ungezählte Versionen hat uns das Crime-Genre davon vorgeführt. Aber schleicht sich hier ins Verhör nicht etwas anderes ein, eine kaum greifbare Irritation? Ist das Sakko von Kommissar Solør (Henrik Mestad) tatsächlich aus Schlangenleder? Genießt er seine Machtposition nicht etwas zu sehr? Und wirkt sein Gegenüber, der unscheinbare Oscar (Kyrre Hellum), nicht irgendwie deplatziert, ein viel zu kleiner Fisch für das große Chaos, über das er berichtet?
 
 
In verschachtelten Rückblenden entfaltet Jackpot vom Ende her Oscars Story: eine wüs­te Mär aus dem Kleinkriminellenmilieu, die sich um einen saftigen Wettgewinn, hohe Schulden und niedere Instinkte dreht. Gemeinsam mit drei Kollegen, allesamt Exknackis, die sich beim Zusammenbau künstlicher Weihnachtsbäume nur halbherzig resozialisieren, hat Oscar beim Fußballtoto abgeräumt. Doch kaum ist der entscheidende Treffer gefallen, verwandeln sich die Wettbrüder in erbitterte Kontrahenten. Das erkleckliche Sümmchen wollen sie lieber nicht durch so schwierige Zahlen wie drei oder vier teilen. Das führt schließlich zu dem Shootout, mit dem alles beginnt: ein wildes Geballer in einem Sexshop, bei dem Go-go-Girls, tätowierte Finsterlinge und ahnungslose Studenten ihr Leben lassen. Nur Oscar kommt davon, weil eine voluminöse Tänzerin ihn im Todeskampf unter sich begräbt.
 
Eine schwarze Actionkomödie also, randvoll mit schrillen Charakteren und bizarren Wendungen. Regisseur Magnus Martens übertreibt gern und spart nicht mit roter Farbe. Am liebsten hätte er einen Film wie diesen schon in den 90er Jahren gedreht, sagt der Norweger – und legt damit selbst den Finger in die Wunde. Denn so handwerklich gekonnt Jackpot auch sein mag – das Drehbuch basiert wie unlängst der elegantere Headhunters auf einer Vorlage von Jo Nesbø –, mangelt es ihm doch an Originalität. Während die kleinen Thriller des Weltkinos sonst oft die Basis für US-Remakes liefern, wirkt Jackpot eher wie in Hollywood zusammengeklaubt. All die naheliegenden Vorbilder aus den neunziger Jahren werden "zitiert", von den Üblichen Verdächtigen über Quentin Tarantino bis zu Fargo, dazu noch ein wenig britischer Working-Class-Drive à la Guy Ritchie, und fertig ist ein Patchwork-Plot, dem nicht einmal das norwegische Lokalkolorit zu Frische verhilft.
 
So bezieht Jackpot seinen Reiz vor allem aus dem Psychoduell zwischen Cop und Hauptverdächtigem. Mestad und Hellum gelingt es, ihre Dauerkonversation erstaunlich abwechslungsreich zu gestalten. Der Kommissar gibt sich integer und korrekt, besitzt aber auch etwas Bedrohliches und Halbseidenes. Seine Verhörmethode ist so unorthodox, dass man seinen nächsten Schritt nie so recht antizipieren kann. Und Oscar, der arme Tropf? Er changiert geschickt zwischen Dümmlichkeit und Hinterlist; und es bleibt lange offen, ob er vom Schicksal gebeutelt wurde oder doch ein genialer Strippenzieher ist.

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