Kritik zu Jack in Love
Alltag, Liebe, Freundschaft, Enttäuschungen und jede Menge anderer realer Probleme: Das Regiedebüt von Philip Seymour Hoffman erzählt von den Nöten zweier New Yorker Paare
Welch eine Wohltat, endlich mal wieder einen amerikanischen Film über Liebe und Beziehungen zu sehen, in dem die Protagonisten nicht aussehen wie Supermodels. »Jack in Love«, das Regiedebüt von Philip Seymour Hoffman, richtet den Blick auf Menschen, deren Aussehen und Lebensweise als durchschnittlich zu bezeichnen fast schon eine Untertreibung ist. Hoffman spielt den New Yorker Jack, der als Fahrer beim Limousinenservice seines Onkels arbeitet und ein Kellerapartment in dessen Haus bewohnt. Jack, ein einsamer, schüchterner Typ mit einem massigen Körper und wenig Selbstvertrauen, ist eine Paraderolle für Hoffman. Er hat ähnliche Typen schon oft gespielt, seine Kunst als Darsteller besteht jedoch darin, an jedem Charakter Nuancen und Eigenschaften zu entdecken, die ihn zu einem unverwechselbaren Individuum machen. Jacks große Liebe etwa gehört der Reggaemusik, an der ihn gleichwohl nicht das pubertäre Kifferpathos fasziniert, sondern die melancholische Romantik und der Optimismus. Seine Haare, da ist er dann überraschend exzentrisch, trägt er als rotblonden Rastaschopf, den er jedoch stets unter einer Wollmütze versteckt – und man weiß nie genau, ob dies ebenfalls eine Reminiszenz an die Reggaemode sein soll oder ob er sich einfach doch nicht so recht traut, zu dieser schrägen Demonstration seiner musikalischen Leidenschaft zu stehen.
Sein Kollege und bester Freund Clyde (John Ortiz) und dessen attraktive und dynamische Frau Lucy (Daphne Rubin-Vega) würden Jack gerne zu einer Freundin verhelfen. Also stellen sie einen Kontakt zu einer Arbeitskollegin Lucys her, dem Mauerblümchen Connie (Amy Ryan). Die Schilderung der allmählichen, zaghaften Annäherung zwischen Jack und Connie verwebt der Film mit der Ehegeschichte von Clyde und Lucy, deren Beziehung nicht so harmonisch ist, wie es zunächst scheint.
Mehr muss man nicht wissen, mehr passiert eigentlich gar nicht. »Jack in Love« ist das, was man »Schauspielerkino« nennt, ein Film, der sich in seiner betont ruhigen Erzählweise ganz auf die Darsteller konzentriert und ihnen jede Menge Raum lässt, um ihre Charaktere zu entfalten. Die sind einerseits ganz normale Typen, zugleich aber um jenen winzigen Tick überzeichnet, der unser Interesse für sie weckt und wachhält. Hoffman, Ortiz und Vega haben bereits in der hochgelobten New Yorker Inszenierung der Bühnenvorlage die Hauptrollen gespielt, und man meint, ihnen die Vertrautheit mit ihren Rollen anzumerken. Denn trotz der bisweilen etwas bühnenhaft-statischen Inszenierung geben sie den Charakteren eine »gelebte« Natürlichkeit, die auch die allzu augenfällige Lebensmetapher von Jacks Schwimmkurs sowie eine Reihe arg theatralischer Dialoge und Gefühlsausbrüche locker überspielt. Es spricht für Philip Seymour Hoffman, dass er sein Regiedebüt nicht zu einer One-Man-Show macht, sondern seine drei großartigen, von Amy Ryan abgesehen noch weitgehend unbekannten Co-Stars als gleichberechtigte Schauspielpartner behandelt. Hoffmans Jack mag die Titelrolle sein, doch in Wahrheit erzählt der Film von vier lädierten Seelen und ihren alltäglichen Kämpfen.
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