Kritik zu Immer Ärger mit 40
Seit Beim ersten Mal sind fünf Jahre vergangen, Regisseur Apatow stellt nun das Paar Debbie und Pete ins Zentrum und lässt sie eine Midlife-Crisis durchleiden
Lifestyle-Magazine leben seit Jahren die 40 als neue 30 vor – in Judd Apatows Immer Ärger mit 40 aber stürzt die Vier vor der Null die Protagonisten noch in existenzielle Nöte. Obwohl es auf den ersten Blick an nichts mangelt: ein Haus mit Pool, vor der Tür ein BMW, zwei Kinder, dazu die gesamte Produktpalette aus dem Steve-Jobs-Imperium. Er hat sein eigenes Indie-Plattenlabel, sie führt eine kleine Boutique. Allerdings sind die letzten Ratenzahlungen geplatzt, die größere Tochter kommt in die Pubertät, und der alternde Rockstar, der gerade unter Vertrag genommen wurde, verkauft keine Platten, weil seine Fans noch nie von iTunes gehört haben (sie sind übrigens weit jenseits der 40). Die Krise, die sich nur in den Neurosen ihrer Protagonisten am Übergang in die nächste Lebensphase als solche zu erkennen gibt, ist ein erzählerisches Prinzip der neuen amerikanischen Komödie, die Apatow und seinseiner »Familie« unendlich viel verdankt.
Immer Ärger mit 40 ist dagegen ein Rückfall in die wohlfeile Regression des Genres »Amerikanische Familienkomödie« – immerhin mit allen Vorzügen des Apatow’schen Humors. Die Darsteller sind großartig, auch wenn sich die Höchstleistungen diesmal eher an der Peripherie abspielen. Melissa McCarthy, die schon in Brautalarm ihre Unerschrockenheit unter Beweis stellte, geht im Abspann komödiantisch the whole nine yards, wie der Amerikaner sagt. John Lithgow und Albert Brooks als Vätergespann personifizieren mit ihren Rollen gewissermaßen das fluide Changieren von Komödie und Drama in den Filmen Apatows. Sie werden mit ihren Schwächen und Unwägbarkeiten zu echten Sympathieträgern, während die Kinder – Leslie Mann und Paul Rudd in einer Reprise auf ihr Ehepaar aus Beim ersten Mal – in ihrer Larmoyanz beziehungsweise in der Glückseligkeit ihrer zwanghaft verlängerten Adosleszenz leicht nervtötende Züge annehmen.
Debbie ist nämlich gerade 40 geworden, feiert aber in einem Anflug von verzweifelter Selbstverleugnung ihren 38. Geburtstag – ein Schmierentheater, das etwas später beim Arztbesuch noch in eine schöne Pointe umgemünzt wird. Pete wiederum schenkt seiner Liebsten unter Einsatz von Viagra einen besonders langen Quickie unter der Dusche, woraufhin Debbie sich zu Recht noch ein bisschen älter und unattraktiver fühlt. So wie das Paar Mann/Rudd in Beim ersten Mal das etwas gesetztere Lebensmodell im Vergleich zur Patchworkfamilie Heigl/Rogen verkörperte, könnte man Immer Ärger mit 40 jetzt als familienfreundliches, wertekonservatives Gegenstück zu Beim ersten Mal bezeichnen. Das Aufbrechen von Genreformen, mit dem Apatow die amerikanische Komodie reformierte, manifestiert sich vor allem in der Gesamtlänge von stolzen 135 Minuten. Seinen mäandernden Geschichten, die ihren eigenwilligen Gemeinsinn auf den merkwürdigsten Nebenwegen finden, Redundanz vorzuwerfen, verkennt Apatows Verständnis von gesellschaftlicher Komödie. Immer Ärger mit 40 allerdings kreist so lange um seine Figuren und ihre Alltagsprobleme, dass er darüber vergisst, mal auf den Punkt zu kommen.
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