Kritik zu Im Namen des...
Die polnische Regisseurin Małgorzata Szumowska erzählt in ihrem neuen Film von einem katholischen Priester, der in der Provinz ein Jugendheim leitet und mit den eigenen homosexuellen Neigungen kämpft
Aus Warschau wird der Jesuitenpriester Adam (Andrzej Chyra) in ein Dorf in der tiefsten polnischen Provinz versetzt. Dort soll er die kleine Gemeinde und ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche betreuen. Adam ist alles andere als ein typischer Kirchenmann. Unter der Soutane trägt er Markenklamotten. Mit den Jungs spielt er Fußball auf der Kuhweide. Nachts, wenn die Einsamkeit zu groß wird, trinkt er auch schon einmal eine halbe Schnapsflasche in einem Zug leer. Aber die Predigten, die er am Sonntag in der Kirche vor der bäuerlichen Gemeinde und den Heimjugendlichen hält, sind von religiöser und lebensphilosophischer Brillanz. »Im inneren unseres Wesens gibt es einen Punkt, der von keiner Sünde befleckt ist. Der Punkt des Nichts, der ausschließlich Gott gehört. (...) Dieses Gottesteilchen steckt in jedem von uns. Deshalb sind wir alle gleich. In jedem von uns steckt ein Funken Helligkeit«, erklärt er und findet damit auch bei den raubeinigen Jugendlichen Gehör.
Dass Adam hier auch sich selbst Hoffnung zuspricht, nehmen die Zuhörer jedoch nicht wahr. Denn auch er hat ein Geheimnis, das von der katholischen Kirche als Sünde betrachtet wird. Adam ist schwul und das macht ihn als Priester in der polnischen Provinz noch einsamer, als es das Zölibat ohnehin für Menschen wie ihn vorgesehen hat. Ein junger Mann, dessen Familie im Dorf ein Außenseiterdasein führt, erkennt in Adam einen Menschen, der ihn, den Geprügelten, als Menschen wahrnimmt. Was die beiden zunächst verbindet, ist nicht die sexuelle Anziehung, sondern der Trost und die Zuneigung, die sie sich in ihrem isolierten Dasein geben können. »Ich kann mir keinen einsameren Menschen vorstellen als einen Priester«, erklärte Małgorzata Szumowska (Das bessere Leben), als sie Im Namen des... letztes Jahr im Wettbewerb der Berlinale vorstellte.
Ganz und gar nicht als Skandalfilm hat die polnische Regisseurin ihren verhaltenen und in wunderbar lichtklaren Bildern erzählten Film angelegt. Zur Missbrauchsdebatte, mit der sich die katholische Kirche seit geraumer Zeit konfrontiert sieht, bleibt der Film gezielt auf Distanz. Hier geht es nicht um Pädophilie, sondern um Homosexualität, deren vermeintliche Sündhaftigkeit den katholischen Geistlichen immer wieder in die schmerzhafte Selbstverleugnung hineintreibt.
Darüber hinaus entwickelt Szumowska ein sicheres Gespür für die latenten Gewaltstrukturen, die die dörfliche Atmosphäre und das Verhalten der Jugendlichen im Heim bestimmen. In der Exposition zeigt Im Namen des..., wie die Kinder des Dorfes einen geistig behinderten Jungen drangsalieren und auch im Verlauf des Filmes wird der Umgang mit Außenseitern immer wieder thematisiert. Denn hier geht es nicht nur um homophobe Diskriminierungsmuster, sondern um die Auswirkungen von Ausgrenzung in einem sehr viel universelleren Sinne. Dabei versteht sich Im Namen des... nicht als politisches Statement, sondern als emotionale Tragödie, die vor allem durch ihren sensiblen Erzählton, die poesievolle Bildsprache und den fabelhaften Hauptdarsteller Andrzej Chyra überzeugt.
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