Kritik zu Ich sehe den Mann deiner Träume

© Concorde

2010
Original-Titel: 
You will meet a tall dark stranger
Filmstart in Deutschland: 
02.12.2010
L: 
98 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Woody Allens jährliche Grußkarte an die Welt: Ein bisschen zynischer und fatalistischer noch als »Vicky Cristina Barcelona«, ein bisschen resignierter als »Scoop« oder »Match Point« und wie immer alleine schon wegen der Schauspieler sehenswert

Bewertung: 4
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Es ist eine stolze Bilanz: Über 40 Filme in über 40 Jahren hat Woody Allen gemacht. Ich sehe den Mann deiner Träume ist dabei der erste, der nicht von Charles H. Joffe, im Juli 2008 78-jährig verstorben, produziert wurde. Es klingt wie ein Woody-Allen-Gag, dass sich dieser Hinweis auf der Internet Movie Database unter der Rubrik »Fun Facts« findet. Anders gesagt: 40 Filme geben viel Stoff ab, um sich ein Bild davon zu machen, was ein »Woody-Allen-Witz« ist und was ein »Woody- Allen-Film« zu sein hat. Kurioserweise scheint der Regisseur selbst an solchen Festlegungen wenig interessiert. Ganz nach dem Titelmotto seines letzten Films, Whatever Works, gibt er sich damit zufrieden, einfach jedes Jahr die »Truppe« zusammenzurufen und per Drehbuch ein bisschen Schicksalsgott zu spielen. Immer der Frage entlang: Wer hat womit was verdient?

Ich sehe den Mann deiner Träume spielt noch einmal in London. Die Handlung wird von Alfie (Anthony Hopkins) ins Rollen gebracht, der kurz vorm Rentenalter die eigene Jugendlichkeit wiederfinden möchte. Da seine Frau Helena (Gemma Jones) nicht mitzieht, lässt er sich scheiden. Was dazu führt, dass Helena sich nun öfter trostsuchend bei ihrer Tochter Sally (Naomi Watts) auf einen Schluck Whisky einlädt und dort unerwünschte Ratschläge erteilt. Sally ist verheiratet mit Roy (Josh Brolin), der einen erfolgreichen Debütroman geschrieben hat und nun abwartet, ob sein zweites Werk vom Verlag angenommen wird. Was ihm viel Zeit lässt, um aus dem Fenster zu schauen, wo er im Haus gegenüber die schöne Pia (Freida Pinto) entdeckt. So schäbig sein Verhalten auch erscheinen mag, schließlich lässt er sich von seiner Frau und von seiner Schwiegermutter alimentieren, muss man doch hinzufügen, dass Sally sich ihrerseits mit wenig Skrupeln in ihren Boss Greg (Antonio Banderas) verliebt. Mutter Helena, durch Sitzungen bei einer Wahrsagerin aus der Postscheidungsdepression gerissen, ermutigt sie auch noch. Ihr selbst wurde die Begegnung mit einem »großen dunklen Mann« in Aussicht gestellt (auf den sich der englische Originaltitel bezieht: »You Will Meet a Tall Dark Stranger«). Dass der sich schließlich als eher klein, kahl und dicklich herausstellt, ist nur einer der vielen »Fun Facts«, mit denen Allen seine Geschichten über die Macht des Zufalls garniert.

Es ist irgendwie üblich geworden, Woody- Allen-Filme auf einer Skala zu markieren: gut, mittelmäßig, unterdurchschnittlich. Das Schöne an »Ich sehe den Mann deiner Träume« ist, dass man ihm ansieht, wie gleichgültig dem Autor selbst solche Einteilungen sind. Wer sich als Zuschauer davon frei machen kann, wird auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. Allein schon wegen der Sequenz, in der Anthony Hopkins entdecken muss, dass er nach außen hin zwar tatsächlich das Leben eines Mittdreißigers führen kann, dass sich das aber nach innen nicht unbedingt gut anfühlt. Und er hat keine Ahnung, warum. Einerseits ist das eine bitterböse Karikatur, andererseits aber kann man diesen Alfie so gut verstehen.

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