Kritik zu Hundreds of Beavers
Ein Trapper im Winter: Mike Cheslik erweist in seinem Film den Looney Tunes, dem Western, dem Stumm-, dem Abenteuerfilm und noch drei Dutzend Genres mehr Reverenz
Was Mike Cheslik in »Hundreds of Beavers« abfackelt, verdient in jedem Fall einen Preis für kinematographischen Wagemut. Alberne Looney-Tunes- und Videospiel-Reminiszenzen, Stummfilm-Slapstick à la Buster Keaton – eine auf den Protagonisten krachende Kulisse inklusive –, Kloppereien wie bei Bud Spencer und Terence Hill: All das vermengt Cheslik nach einem zusammen mit seinem Hauptdarsteller Ryland Brickson Cole Tews geschriebenen Drehbuch zu einem so einzig- wie eigenartigen Werk.
In einem musicalhaften Prolog fliegt dem dauerbesoffenen Apfelbauern Jean Kayak, mit Rauschebart und pantomimischer Gesichtsakrobatik gespielt von Tews, sein Hof samt Apfelbrand um die Ohren, weil Biber an Stützbalken rummknabbern. Was also tun, um in einer verschneiten Winterlandschaft im 19. Jahrhundert das Überleben zu sichern? Jagen natürlich, schließlich wimmelt es in der Gegend von Hasen, Bibern, Waschbären, später auch Wölfen, die in der skurrilen, Real- mit Animationsaufnahmen verbindenden Schwarz-Weiß-Ästhetik des Films von Menschen in Ganzkörperkostümen gespielt werden.
Zu Beginn wirkt der Apfelbauer wie ein Wiedergänger von Wile E. Coyote, der vom Pech verfolgte Kojote, dem der Road Runner immer durch die Lappen geht. Die Hasen fallen auf seine Schneefrauen- und Möhren-Attrappen herein, aber Kayak stellt sich zu blöd an, sie einzufangen. Er stolpert durch sich wiederholende und steigernde Szenen, fällt in Löcher und von Bäumen oder kriegt immer wieder vom Specht den Kopf gehackt beim Versuch, dessen Eier zu klauen. Der Hungrige sieht die Tiere zwischendurch als wandelnde Pizzastücke oder Keulen – The Revenant-Existenzialismus im (rauschinduzierten?) Blödelei-Modus.
Eine neue Ebene bekommt der Film, als Kayak an einen Kaufmann (Doug Mancheski) und dessen Tochter (Olivia Graves), eine Kürschnerin, gerät. Auf einer Metaebene erzählt »Hundreds of Beavers« hier von kapitalistischer Steigerungslogik und verbindet sie mit einer Videospielästhetik. Es geht Kayak nicht mehr ums eigene Überleben, sondern darum, immer mehr tote Tiere anzuschleppen, von denen er sich immer besseres Equipment kaufen kann: Seil, Axt, Tierfallen, Knüppel, Gewehr. Kayak wird zum Jagdprofi, für die titelgebenden Biber winkt die Hand der angebeteten Tochter.
»Hundreds of Beavers« zitiert sich durch die Film- und Fernsehgeschichte, zieht mit Anarchie unser Höher-Weiter-Schneller-System durch den Kakao und lässt die Natur in Form der Biber zurückschlagen. Doch was sich zu Beginn verwegen und neu anfühlt, entwickelt sich zu einer auch ermüdenden Angelegenheit und trägt bei aller Liebe nicht über die gesamte Laufzeit. Die Animationsvorbilder aus dem Hause Warner Bros. leben ja gerade von diversen Ästhetiken und knackigen, teils thematisch gedachten Episoden. Über alle Zweifel erhaben allerdings ist eins der witzigsten Detektiv-Duos der Filmgeschichte: Biber-Sherlock-Holmes und Biber-Watson.
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