Kritik zu Hip Hop-eration

© Rise and Shine

2014
Original-Titel: 
Hip Hop-eration
Filmstart in Deutschland: 
01.10.2015
L: 
93 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Von der neuseeländischen Insel Waiheke nach Las Vegas: Der Dokumentarist Bryn Evans begleitet eine Seniorentanzgruppe auf dem Weg zu den Hip-Hop-Weltmeisterschaften

Bewertung: 3
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Der Film nimmt das Paradox bereits im Titel auf: Die Menschen, die hier Hip-Hop tanzen, haben Hüft- und Knieoperationen hinter sich, von anderen Gebrechen nicht zu reden. Die 27 betagten Crew-Mitglieder – vorwiegend Frauen, drei schon über 90 Jahre alt – nehmen das zeit- und kraftraubende Training auf sich, um bei den »Hip Hop World Championships« in Las Vegas aufzutreten. Motor der Truppe ist Billie Jordan, eine Mittdreißigerin, die sich auch im Alltag um die meist verwitweten Frauen kümmert. Eine Tanzgruppe aus jungen Maori und polynesischstämmigen Neuseeländern greift den Senioren bisweilen buchstäblich unter die Arme.

Die Reise nach Las Vegas steht indes selbst auf wackeligen finanziellen Beinen. Die Hoffnungen Billies, großzügige Unterstützer für das Projekt aufzutun, haben sich zerschlagen. In einem Akt der Solidarität sponsern Wohlhabendere unter den Tänzerinnen die Reise anderer Mitglieder. Aber auch medizinische Hürden können das Unternehmen noch scheitern lassen. Am Ende geht alles gut, »Hip Hop-eration« hat es als älteste Tanzgruppe der Welt ins Guinessbuch der Rekorde geschafft und im vergangenen Jahr noch einen Auftritt im Stadion von Taipeh auf die Bretter gelegt.

Das alles klingt zunächst danach, als stünde der Film in der Tradition der Seniorenfilme, die seit einigen Jahren Konjunktur haben, mit dem wohlfeilen Motto »Das Alter ist nur eine Zahl«. Und tatsächlich hat »Hip Hop-eration« bisweilen die Züge eines Feelgood-Movies. Doch wie Andreas Dresens »Wolke 9« oder auch Til Schweigers »Honig im Kopf« auf der fiktionalen Seite gehört der Film nicht zu denen, die euphemistisch den (Werbe-)Mythos von den »Best Agern« bedienen. Denn Bryn Evans erzählt nicht nur die Erfolgsgeschichte der Tanzgruppe, sondern lässt immer wieder einzelne Frauen aus ihrem oft wechselhaften Leben berichten. Es entstehen intime Momente, wenn etwa die beiden Mittneunzigerinnen Maynie Thompson und Kara Nelson von familiären Krisen, krankheitsbedingten Wendungen in ihrem Leben oder ihrem jahrzehntelangen politischen Engagement im Kampf gegen die nukleare Aufrüstung erzählen. Auch für die notorisch optimistische Billie Jordan ist das Altenprojekt eine schicksalhafte Entscheidung: Nachdem die Kommunikationsberaterin bei dem Erdbeben von Christchurch im Jahr 2011 knapp dem Tod entronnen war, wollte sie ihrem Leben einen neuen Sinn geben.

Es scheint, als habe Regisseur Evans befürchtet, das alles könnte allein nicht spannend genug sein. Deswegen streut er immer wieder spektakuläre Luftaufnahmen von der paradiesischen Insel Waiheke und – natürlich – von Las Vegas ein und unterlegt seinen Film mit einer musikalischen Dauerberieselung. Vor allem inszeniert er die Auftritte der Gruppe zunehmend nach dem Muster der Videoclip-Ästhetik, als müssten sich die Alten optisch mit den saltoschlagenden Teenies messen. Die Mühen der Vorbereitung bleiben dabei ein wenig auf der Strecke. Und von dem finalen Auftritt der alten Hip-Hopper in Las Vegas lässt der hektische Schnitt am Ende kaum noch etwas übrig.

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