Kritik zu High Performance

© W-Film

2014
Original-Titel: 
High Performance
Filmstart in Deutschland: 
07.05.2015
V: 
L: 
100 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Wie aus dem Leben gegriffen: Das Debüt der Österreicherin Johanna Moder ist ein sehr realistisches Familiendrama

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.5
3.5 (Stimmen: 2)

Eine Brüdergeschichte; nicht wirklich ein Duell, aber alles andere als ein Duett. Der eine, Daniel (Marcel Mohab), ist irgendwas zwischen Hipster und Öko, trägt bunte Polyesterjacken und einen Zauselbart, fährt Fahrrad und schläft gern in den Tag hinein. Der andere, Rudi (Manuel Rubey), ist Anzugträger und Karrierist, ein Player in der modernen Businesswelt mit schöner Frau, teurem Auto, großem Haus. Je nach Per­spektive ist Daniel Loser oder Lebenskünstler und Rudi Spießer oder Selfmademan.

Die junge österreichische Regisseurin Johanna Moder tut gut daran, die Gegensätzlichkeit ihrer Protagonisten nicht zu sehr zu betonen. Keiner von beiden gerinnt zum Klischee: Daniel bewegt sich zwar in einer von spirituell angehauchten Gutmenschen bevölkerten Aussteigerwelt, bleibt zu deren esoterischem Gehabe aber doch auf Distanz. Unter den Paradiesvögeln ist er der Bodenständige. Rudi wiederum gehört ganz selbstverständlich zur besseren Gesellschaft, nimmt Preise entgegen und glänzt mit Eloquenz und Kulturbeflissenheit. Dabei wirkt er weder abgehoben noch arrogant, sondern einfühlsam und tolerant. Unter den Kapitalisten ist er der Junge von nebenan.

Im Grunde, das deutet bereits der Titel an, haben die Brüder eine große Gemeinsamkeit. Beide sind Schauspieler, die sich mit großer Sicherheit auf ihrem jeweiligen Parkett bewegen. Für Daniel gilt das buchstäblich; er schlägt sich als Mitglied einer Offtheatertruppe durch, wobei es der Film geschickt offenlässt, ob ihm der Erfolg nun wegen seiner künstlerischen Integrität oder wegen seiner nicht unerheblichen Trägheit verwehrt bleibt. Rudi ist eher im übertragenen Sinn ein Schauspieler; er agiert auf der geschäftlichen und gesellschaftlichen Bühne, und erst mit der Zeit wird deutlich, wie geschickt er allen etwas vorspielt, vor allem seinem Bruder, den er mit großem Nachdruck für seine Softwarefirma engagiert.

Daniel soll die junge Programmiererin Nora (Katharina Pizzera) coachen, angeblich um sie für öffentliche Auftritte fit zu machen. Doch irgendetwas ist faul an diesem Arrangement. Ist es die pure brüderliche Fürsorge, die Rudi als großzügigen Mäzen auftreten lässt? Oder hat er ein Auge auf die attraktive Mitarbeiterin geworfen und einen eher umständlichen Weg gewählt, um auch privat an sie heranzukommen?

Moder lässt sich viel Zeit mit der Beantwortung dieser Frage. Sie interessiert sich nur ganz am Rande für das Thrillerelement in ihrem Plot, konzentriert sich dafür sehr viel mehr auf die erstaunliche Bandbreite von sozialen Milieus, in denen sich ihre ungleichen Protagonisten bewegen. Die alternative Szene wird dabei genauso gründlich unter die Lupe genommen (und milde belächelt) wie das Großbürgertum, und in seinen besseren Momenten erinnert High Performance dabei durchaus an den entspannten Realismus des frühen Rudolf Thome oder an die unaufgeregte Authentizität eines Mike Leigh, ohne freilich den lässigen Charme des einen oder die stichhaltige Relevanz des anderen zu erreichen.

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