Kritik zu Have a Nice Day

© Grandfilm

2017
Original-Titel: 
Hao jile
Filmstart in Deutschland: 
07.02.2019
L: 
77 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Film noir im Gewand eines chinesischen Animationsfilms: Ein junger Mann klaut einem Mafiaboss eine Tasche voll Geld und hat bald nicht nur dessen Schergen auf den Fersen

Bewertung: 4
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Von wegen schöner Tag! Keine der Figuren, die in dem chinesischen Animationsfilm »Have a Nice Day« von Liu Jian agieren, hat einen schönen Tag. Er beginnt schon nicht sonderlich vielversprechend, dieser Tag, und er wird erst recht nicht gut enden. Denn es geht mal wieder ums Geld. Einen Haufen Geld, um genau zu sein, der einen Haufen Leute auf Trab hält, die dieses Geld, logisch, gern hätten. Wenig verwunderlich nimmt diese Geschichte für keinen der Beteiligten einen günstigen Verlauf und am Ende sind ein Haufen Leute tot oder zumindest fast. Was aus dem Haufen Geld geworden ist? Ist das wichtig?

Ein Film noir also, ein Gangsterthriller im Zeichentrickgewand, ein Genrewerk, das auf das ureigenste Privileg seiner Gattung – spektakuläre Welten aus sich selbst heraus zu erfinden, indem es sie auf einem Blatt Papier einfach grafisch behauptet – verzichtet. Das stattdessen auf dem Boden der Realität bleibt und sich von der Wirklichkeit sozusagen beschränken lässt. Keine futuristische Science-Fiction-Szenerie und auch kein Fantasy-Land, in dem die Drachen fliegen, ist Ort der Handlung, sondern das Niemandsland einer von Baustellen zerfressenen städtischen Peripherie. Das glitzernde Zentrum einer geschäftigen Metropole, in der die Erfolgreichen ihren Wohlstand genießen, es leuchtet noch nicht einmal aus weiter Ferne in die kümmerlichen Existenzen der ProtagonistInnen hin­ein. Es bestimmt aber deren Träume von einem besseren Leben, denen sie, an Ausfallstraßen vor Internetcafés und Billardsalons herumlungernd, schlecht gelaunt und neidisch nachhängen.

In dieser Gerümpelzone, die von Zukurzgekommenen bevölkert ist, klaut Xiao Zhang dem Geldkurier des örtlichen Mafia­bosses Onkel Liu eine Tasche voll Yuan. Millionen, heißt es. Onkel Liu, der eigentlich gerade einen befreundeten Kunstmaler um die Ecke bringen will, weil der mit seiner Frau rumgemacht hat, schickt seinen Mann fürs Grobe, Bohnenstange, los, die Tasche zurückzuholen. Selbige ist jedoch zwischenzeitlich auf Ab-, Um- und Holzwege geraten, weil Xiao Zhang sie sich hat abjagen lassen; er ist nicht eben der Hellste im Lampenladen. All die anderen sind das im Übrigen auch nicht, weswegen man sich zuschauerseits ein wenig schwertut mit der Empathie.

Doch um Mitgefühl ist es Filmemacher Jian Liu in seinem, nach »Piercing I« (2010), zweiten Animationsfilm ohnehin nicht zu tun. Wie der Erstling ist auch »Have a Nice Day« die nüchterne Bestandsaufnahme eines sozialen Zustands der Kälte, die so etwas wie Trost allenfalls im Sarkasmus findet. Damit korrespondiert die reduzierte Machart der Bilderfolgen, die zwar genau und detailliert einen unwirtlichen Lebensraum abbilden, in sich aber oftmals statisch bleiben. Schmucklos ist der Stil dieses gezeichneten Films, der arm an Bewegung und karg an Worten sich aufs Wesentliche konzentriert. Die altbekannte Geschichte von der Geldgier, die die Menschen zu Fall bringt, erhält auf diese Weise den Charakter eines Lehrstücks, ja nahezu eines schwarzen ­Märchens, das man Kindern erzählt, auf dass es ihnen Warnung sei.

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