Kritik zu The Happy Film

© Mindjazz Pictures

Das Glück ist ein Lieblingsstoff der dokumentarischen Recherche und der Selbstversuch ihre zurzeit angesagteste Form: Hier versucht der vielfach ausgezeichnete Grafikdesigner Stefan Sagmeister, beides zu verbinden

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Nicht mehr ganz junge deutsche Zuschauer dürfte der Anfang des Films mit seiner Traube aus 6000 knall­gelben Luftballons erstmal an die wilden Guidomobilzeiten der FDP erinnern. Doch der Mann, der hier mit ihrer Hilfe in den Himmel entschweben will, ist kein Politwerber. Ein (sehr renommierter) PR-Spezialist ist er schon: Der in Österreich geborene und in New York lebende Grafikdesigner Stefan Sagmeister bekam für seine Designprojekte (darunter CD-Cover für die Stones, Lou Reed und Jay-Z) schon mehrfach höchste Auszeichnungen. Im Kampf gegen die Schwerkraft ist der Best Ager nicht ganz so siegreich wie im Beruf. Und so muss bei der Flugaktion nach einigen Herumstolpereien am Ende die zierliche Freundin einspringen.

Die Szene ist visuelle und metaphorische Klammer für diesen Film, in dem sich Sagmeister gemeinsam mit den Koregisseuren Hillman Curtis und Ben Nabors der Grundfrage unseres irdischen Daseins nähert. Genauer: der ewigen Suche nach dem Glück, die jedes Jahr von unzähligen Ratgebern aufs Neue befeuert wird. Den Autor eines besseren Exemplars dieser Sorte hat sich auch der Filmemacher zum Mentor für sein Projekt auserkoren, das aus einer amourösen Trennung und einer beruflichen Auszeit auf der Insel Bali entstand. Es ist der New Yorker Sozialpsychologe Jonathan Haidt, der mit Büchern wie »Die Glückshypothese« und »The Righteous Mind« bekannt geworden ist.

So orientiert sich auch die Einteilung des Films an den drei von Haidt vorgeschlagenen Wegen emotionaler Selbstoptimierung durch Meditation, Psychotherapie und Drogen (in diesem Fall das Antidepressivum Lexapro), die Sagmeister nacheinander im Selbstversuch durchtestet. Dabei geht der bekennende Listenführer das eigentlich fragile Thema sehr robust mit (allerdings rein subjektiv bestückten) quantifizierbaren Skalen nach Art eines TV-Marken-Checks an. Der Haken dabei: Einer korrekten Auswertung funkt jedes Mal eine Liebesgeschichte dazwischen, die mit den aufflackernden Glückshormonen die Ergebnisse aus der pseudowissenschaftlichen Ordnung bringt. Und dann stirbt auch noch einer der Koregisseure.

So schön nach Drehbuchplan trudeln diese emotionalen Störereignisse ein, dass ironischerweise gerade sie einen Film vorhersehbar machen. An den interessantesten Stellen wirkt das durch Überzeichnung wie ungewollte Genresatire. Auch die finale Botschaft selbst, dass das größte Glück in der Hinwendung zum anderen und in sinnvoller Arbeit liege, ist so wahr wie unoriginell. Nichts Neues also, wären da nicht die gekonnt verspielten und vor Inszenierungswitz überschäumenden Detailarrangements des Designers, der in den über sieben Jahre hinweg entstandenen Film oft Elemente seiner weit durch die Welt gereisten Ausstellung »Happy Show« und andere frühere Projekte einbaut. Durchgehendes und markantestes Beispiel sind die aufwendig in Szene gesetzten animierten Buchstabenballette, in denen belebte und unbelebte Erdbewohner Sagmeister'sche Sinnsprüche lesbar in Szene setzen und dabei großzügig herrlichstes Kinoglück verteilen.

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