Kritik zu Hänsel und Gretel: Hexenjäger

© Paramount Pictures

Heutzutage sind Hexen ausgewachsene Latexmonster mit Kampfkunstausbildung, die sich nicht so einfach in den Ofen schubsen lassen – da braucht es schon Jeremy Renner als Hänsel und Gemma Arterton als Gretel, um mit ihnen fertig zu werden

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Dass sich aus den wenig zimperlichen Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm wunderbar blutige Horror-/Fantasyfilme machen lassen, hat Neil Jordan schon 1984 mit seiner Rotkäppchen-Adaption Die Zeit der Wölfe und kürzlich auch Twilight- Regisseurin Catherine Hardwicke mit Red Riding Hood eindrücklich bewiesen. Jetzt torpediert der norwegische Filmemacher Tommy Wirkola mit einer actionbetonten 3DAdaption von »Hänsel und Gretel« die kollektive Kindheitserinnerung. O-Ton Hänsel: »Meine Schwester und ich, wir haben schon einiges erlebt. Wir wären fast umgebracht worden. Durch die Hand einer Hexe! Aber das hat uns nur noch stärker gemacht. Wir sind auf den Geschmack von Blut gekommen. Hexenblut! « Hänsel und Gretel: Hexenjäger ist das Hollywooddebüt des Norwegers, der 2009 mit seiner ebenso vergnüglichen wie harmlosen Nazi-Zombie-Komödie Dead Snow Genrefans beglückte. Musste Wirkola bei seinem in seiner Heimat produzierten Horrorspaß noch mit einem überschaubaren Budget von umgerechnet 800 000 US-Dollar auskommen, so stand ihm für seine mit Jeremy Renner (Marvel’s The Avengers, Tödliches Kommando – The Hurt Locker) und Gemma Arterton (Immer Drama um Tamara) recht prominent besetzte Neuversion des Märchensdie stattliche Summe on 60 Millionen USDollar zur Verfügung. Was aber nicht bedeutet, dass der Film in den USA entstanden ist. Gedreht wurde vielmehr stilecht im deutschen Wald und den Babelsberger Studios in Potsdam bei Berlin.

Hänsel (Renner) und Gretel (Arterton), die 15 Jahre nach den traumatischen Geschehnissen im Hexenhaus wohlauf und immun gegen Hexenflüche sind, haben ihr Schicksal zum Beruf gemacht und jagen mit Armbrust und abgesägter Schrotflinte böse Hexen. Nur Hänsel hat damals etwas zu viel Süßigkeiten vom Hexenhaus geknuspert und ist nun Diabetiker. Der Bürgermeister von Augsburg beauftragt die kampferprobten Kopfgeldjäger, seine Stadt von der Oberhexe Muriel (Famke Janssen) zu befreien. Die plant nämlich, die entführten Kinder in der Blutmondnacht bei einer Hexenversammlung rituell zu opfern.

Die vielen fiesen Hexen, gegen die das schwerbewaffnete Geschwisterpaar hier antreten muss, haben nichts Märchenhaftes mehr. Es sind ausgewachsene Latexmonster mit Kampfkunstausbildung, die sich nicht so einfach in den Ofen schubsen lassen. Doch Wirkolas rasanter Frontalangriff auf die Sinne der Zuschauer bleibt seltsam wirkungslos. Das Splattermärchen nimmt sich keine Zeit, seine Figuren zu charakterisieren. Etwas mehr Liebe zum Sujet, wie man es beispielsweise von Tim Burton gewohnt ist, hätte der Märchenadaption gutgetan. So bleibt einem nichts weiter übrig, als unberührt dem 83-minütigen Schnittgewitter aus Kampfchoreographien und purzelnden Hexenköpfen zuzuschauen. Als einziges emotionales Highlight kristallisiert sich der einfältige Troll Edward aus dem Gemetzel heraus. Der schön altmodisch als Latexanzug mit animatronischem Kopf animierte Troll zermatscht mit seinen riesigen Füßen die Köpfe der Bösen und wird nach der finalen Schlacht ins Hexenjägerteam aufgenommen.

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