Kritik zu Hacksaw Ridge
Der Erlöser auf der Höhe: Mel Gibson hat die Geschichte des Kriegsdienstverweigerers und Sanitäters Desmond Doss verfilmt, der in der Schlacht von Okinawa 75 Soldaten rettete
Es ist nun ziemlich genau ein Jahrzehnt her, seit Mel Gibson seinen letzten Film als Regisseur drehte. Nach »Apocalypto« kamen vor allem antisemitische Anwürfe, verbale Grobheiten und Alkoholprobleme. Ach ja, einen schönen Auftritt in Jodie Fosters »The Beaver« hatte er natürlich auch.
Aber sein neuer Film »Hacksaw Ridge«, der in Cannes außer Konkurrenz lief, beweist, dass er es seit »Braveheart« nicht verlernt hat, schnörkellos und konsequent, gleichzeitig aber auch visuell dynamisch Kriegsgeschichten zu erzählen. Diese hier mündet in eine der brutalsten Schlachten des Pazifikkrieges. Desmond Doss (Andrew Garfield) wächst in Lynchburg, Virginia, in einer gläubigen Familie von Siebenten-Tags-Adventisten auf, sein Vater (Hugo Weaving), ein traumatisierter Veteran des Ersten Weltkriegs, trinkt. Als er einmal die Mutter (Rachel Griffiths) schlägt, bedroht ihn Desmond mit einer Pistole. Er schwört, nie mehr eine Waffe in die Hand zu nehmen, und will doch seinem Land dienen, als der Krieg ausbricht. Das sind für den Film eigentlich nur Preliminarien, aber es genügt Gibson doch, die bodenständige Naivitität des jungen Mannes herauszukehren – besonders als er um die Hand der jungen Krankenschwester Dorothy (Teresa Palmer) wirbt.
Desmond Doss will Sanitäter – ohne Waffe – werden, wird aber in ein ganz normales Ausbildungslager verlegt, in dem er sich weigert, eine Waffe überhaupt nur anzurühren. Das zieht Schikanen, aber auch den Eifer des Ausbilders nach sich. Den spielt der früher einmal in komischen Rollen aufhobene Vince Vaughn, als wolle er alle bisherigen Drill Sergeants der Filmgeschichte vergessen machen.
Desmonds Bataillon wird nach Okinawa verlegt. Die Insel hat eine wichtige Rolle in der Strategie der Amerikaner, als Stützpunkt kurz vor dem japanischen Festland. Als sie in ihr Quartier marschieren, kommen ihnen Laster mit Toten und Verwundeten entgegen, eine Exposition, so wie der Film schon mit einer kurzen Montage von Schlachtsequenzen begann. Sie müssen auf Strickleitern aus Gepäcknetzen einen Steilhang (»Hacksaw Ridge«) hoch, um eine japanische Festung einzunehmen – bisher war allerdings jeder Angriff gescheitert. Die Schlacht um den Berg nimmt fast die ganze zweite Hälfte des Films ein, eine Höllenfahrt in Sachen Blut, Schweiß und Verzweiflung, mit ausgetretenen Gedärmen, abgetrennten Gliedmaßen und verbrannten Körpern. Seit »Der Soldat James Ryan« hat kein Regisseur mehr so authentisch das grausame Kriegshandwerk auf die Leinwand gebracht, meilenweit entfernt von mythischer Überhöhung à la »Der schmale Grat«. Am Drehbuch hat Robert Schenkkan mitgewirkt, der schon die hervorragende Miniserie »The Pacific« schrieb. Als die GIs wieder einmal zurückgeschlagen werden, bleibt Desmond oben und soll 75 Kameraden gerettet und an einem Seil heruntergelassen haben. Natürlich ist dieser gottesfürchtige Soldat Desmond (»Lord, help me get one more«) eine Mischung aus Samariter und Erlöser, aber, gerade in der Verkörperung von Andrew Garfield, kein simpler Kriegsheld. Das Pathos, das ihn umgibt, heißt: Menschlichkeit.
Kommentare
hacksaw ridge
das fünfte gebot gottes...
nichts für schwache nerven. trotz der
m.e. etwas holzschnittartig gezeichneten figuren
hilft der film uns letzlich wieder darüber
nachzudenken, wie kriegsführung und menschen-
vernichtung mit dem weltbild von spiritualität,barmherzigkeit
und nächstenliebe in unserer westlichen kultur vereinbar ist.
wer kino als botschaft und reflexion von gesellschaftlichen bedingungen versteht, kommt um diesen film nicht herum..
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