Kritik zu Googoosh – Made of Fire
Die exiliranische Regisseurin Niloufar Taghizadeh porträtiert die iranische Poplegende Googoosh – mit farbenfrohen Archivmaterialien aus dem Iran vor 1979 und einem Interview mit der Künstlerin selbst
Und dann haben die Mullahs sie einbestellt. Die Sittenwächter wollten wissen: »Hattest du keine Scham, dich vor der Kamera auszuziehen?« Außerdem fragten sie, »mit welcher Intention« sie »Sakineh Day Ghezi« gesungen habe. Dieser iranische Hit, den sie in den 1970er Jahren hatte, spielt auf die Tochter des Propheten an. Als ob man Madonna fragen würde, mit welcher Intention sie eines ihrer provokanten Lieder gesungen habe.
Der Vergleich mag etwas hoch gegriffen erscheinen. Doch im Iran genießt die Schauspielerin und Sängerin Faegheh Atashin, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Googoosh, eine ähnliche Wertschätzung wie Madonna in der westlichen Welt. Vom einstigen Kinderstar, der schon mit zwei Jahren auf der Bühne stand, avancierte sie dank ihrer Mischung aus iranischer Poesie, Blues, Jazz, Rock und Disco zum ersten persischen Popstar überhaupt. Über die Grenzen ihres Landes hinaus wurde sie berühmt.
Niloufar Taghizadeh, eine in Deutschland arbeitende Exiliranerin, verknüpft das Porträt dieser ungewöhnlichen Frau mit einer audiovisuellen Zeitreise in die popkulturelle Epoche vor der islamistischen Revolution. Schon dank diesem Rückblick auf die Film-, Fernseh- und Kulturszene Irans, der durch eine farbenfrohe Fülle von Archivmaterialien fasziniert, ist ihr Dokumentarfilm sehenswert.
Bei den zahllosen Projekten auf der Leinwand und dem TV-Schirm, an denen Googoosh beteiligt war, kann man fast den Überblick verlieren. Mit einer Liste namhafter Filmstars, Komponisten, Regisseure und Moderatoren erinnert Niloufar Taghizadeh an die Vielzahl der Kulturschaffenden, die nach der Machtergreifung Chomeinis vor über 40 Jahren nie mehr in ihrem Land auftreten durften. Regimegegner wurden erschossen – Künstler wurden symbolisch umgebracht.
Umrahmt von einem überaus detaillierten Interview, rekonstruiert der Film die verschlungene – und teilweise schwer nachvollziehbare – Lebensgeschichte Googooshs, die nach ihrem Auftrittsverbot den Iran nicht verlassen wollte und sich den Bedingungen anpasste. Nach über zwanzigjährigem Hausarrest kehrte sie ihrer Heimat den Rücken, worauf ihr 2000 ein Comeback in weltweit ausverkauften Konzertsälen gelang. Der Blick auf jene Menschen, die ihr mit Tränen in den Augen zuhören, verdeutlicht, worum es geht: Die Essenz dessen, was das Terror-Regime in Teheran verbietet, ist die Stimme der Frau.
Mit ihrem Gesang und ihrem politischen Protest, so zeigt Taghizadeh, wurde Googoosh zur Popikone für jene zahlreichen (Exil-)Iraner, die sich um gefolterte, ermordete und schikanierte Angehörige im Iran sorgen. »Googoosh – Made of Fire« ist daher ein Film, der auf emotionale Art politisch ist. Ein Film, der zur rechten Zeit kommt und dessen 95 ergreifende Minuten über die lebendige Grande Dame der iranischen Popkultur sich aus vielen Gründen unbedingt lohnen.
Kommentare
hh
ich freu mich schon sooooooooo auf ds filmfest hamburg!! !
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