Kritik zu Generation Wealth
Nach »The Queen of Versailles« versucht sich die Fotografin Lauren Greenfield ein weiteres Mal am Porträt der Reichen mit ihrem fast perversen Wohlstand als Gesellschaftskritik
Der beste Film über die Finanz- und Immobilienkrise von 2008, so lässt sich überzeugend argumentieren, war weder »Margin Call« noch »The Big Short«, sondern »The Queen of Versailles«, ein Dokumentarfilm von Lauren Greenfield, der eben nicht die Banken und Börsen in den Blick nahm. Bei Greenfield ging es um ein milliardenschweres Ehepaar und seinen Versuch, sich ein kitschiges Märchenschloss zu bauen – bis die Krise ihr Imperium ins Wanken bringt. Derartig schlagend dokumentierte Greenfield am menschlichen Beispiel die Wirkung des Geldes, dass sie bestens dafür geeignet schien, einen Film über die perverse Faszination der westlichen Gesellschaft für die Insignien unermesslichen Reichtums zu drehen. Schließlich hat Greenfield als Fotografin bereits vor ihrer Karriere im Film jahrelang enthüllende Bilder der Reichen und Schönen gemacht und zeigte in »The Queen of Versailles« eine taktvolle Mischung aus kritischer Distanz und Empathie für ihre problematischen Protagonisten.
Mit »Generation Wealth« versucht Greenfield nun also, den Fokus zu erweitern und so etwas wie ein gesamtgesellschaftliches Panorama zu entwerfen. Das funktioniert zunächst ganz gut, setzt die Regisseurin doch bei ihrer eigenen Erfahrung als Fotografin an: Zu Beginn des Films sucht sie einige Personen auf, die sie in den 90er Jahren für ein Projekt über Kinder superreicher Eltern an der Westküste abgelichtet hatte. Viele der Protagonisten, die sie trifft, haben heute selbst Kinder, leben in bescheideneren Verhältnissen und fühlen sich von ihren jugendlichen Posen in Cabrios und Nobelboutiquen eher peinlich berührt.
Zunehmend aber verliert Greenfield in »Generation Wealth« den Fokus und damit auch den analytischen Scharfsinn. Sie scheint vor allem an der Zurschaustellung ihrer teils grotesk präsentierten Interviewpartner interessiert zu sein – und an einer Auflösung ihrer Geschichten in hollywood-tauglicher Reue. Wie sie mit der Moralkeule die teils tragischen, teils allzu komplexen Storys von Ex-Pornostars, kriminellen Aktienhändlern, Schönheitsköniginnen und anderen dubiosen Gestalten des Jetset-Lebens bearbeitet und ohne erkennbare Struktur nebeneinanderstellt, ist einerseits ambitioniert, andererseits frustrierend erkenntnisfrei. Bei der Suche nach der Faszination vulgären Reichtums wird aus intendierter Gesellschaftskritik langsam eine eindimensionale Freakshow.
Schließlich scheitert das Projekt gänzlich im letzten Akt, wenn Greenfield zunehmend sich selbst und ihre Familie in den Blick nimmt. Eine gewisse Selbstreflexion kann im Dokumentarfilm durchaus angebracht sein – gerade wenn man so schonungslos über seine Protagonisten (be-)richtet wie Greenfield – in »Generation Wealth« aber wirkt diese Metaebene daneben. Die Regisseurin fragt sich und ihre Zuschauer kritisch, ob sie nicht selbst so von Erfolg getrieben sei wie die Figuren ihrer Fotografien und Filme – nur um sich dann auch prompt die Absolution zu erteilen. Gerade angesichts der bestechenden Ambivalenz des Vorgängerfilms ist diese Doku eine herbe Enttäuschung.
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